Die Bayern-Fans müssen sich langsam aber sicher darauf einstellen, eine andere Gallionsfigur an der Spitze ihres Vereins zu sehen. Uli Hoeneß legt seinen Posten mit großer Wahrscheinlichkeit im November dieses Jahres nieder. Überfällig, sagen die einen. Schade und unersetzlich, meinen die anderen. Uli Hoeneß wird eine Lücke hinterlassen, die so schnell nicht geschlossen werden kann. Ein Kommentar.
Im Mai 1979 begann in München eine Manager-Karriere, von der niemand ahnen konnte, mit welchem Erfolg sie einmal enden wird. Uli Hoeneß trat mit erst 27 Jahren die vakante Stelle beim FC Bayern an. Weltmeister, Europameister, dreimaliger Sieger des Europapokals der Landesmeister, Weltpokalsieger, drei deutsche Meisterschaften, ein DFB-Pokaltriumpf. Eine Spielerkarriere gespickt mit Titeln, die doch viel zu früh sein Ende fand. Im April 1979 musste Uli Hoeneß die Fußballschuhe an den Nagel hängen, mit gerade einmal 27 Jahren. Nach 250 Bundesligaspielen, 86 Toren und 53 Vorlagen hieß es für den verletzungsgeplagten Hoeneß: Schluss mit aktivem Fußball, rein ins Management. Es begann die wohl erfolgreichste Manager-Karriere in der Historie des deutschen Fußballs. Mit dem Einstieg des jungen Uli Hoeneß begannen die ohnehin schon erfolgreichen Bayern, alle Rekorde zu brechen. Eines tat Hoeneß in 40 Jahren immer: Er polarisierte. Wohin er auch kam, zog er den Zorn oder den Spott der Nicht-Bayern-Fans auf sich. Aber der Erfolgsmacher nahm diese Rolle dankend an. Er wusste: Stelle ich mich gezielt in den Mittelpunkt, nimmt das den Druck und den Fokus von meiner Mannschaft.
Familie FC Bayern
Nicht selten sorgte er mit skurrilen Aussagen für Kopfschütteln. Die Medien stürzten sich auf ihn und die Spieler konnten mit dem Trainerteam in Ruhe arbeiten. Für Uli Hoeneß ist der FC Bayern nicht nur sein Lebenswerk, er ist seine Heimat und seine Familie. Seine heile Welt bekam einen Dämpfer, als durchsickerte, er habe Steuern in Millionenhöhe hinterzogen. Er wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Unvergessen die Bilder aus London 2013. Die Bayern holten die Champions League, die Spieler bekamen die Trophäe überreicht und reichten sie direkt an Hoeneß weiter. Auch nach dem WM-Finale 2014, das Hoeneß dann bereits im Gefängnis verfolgte, wer er präsent. Bastian Schweinsteiger, der unkaputtbare Held des Endspiels, bedankte sich bei ihm und wünschte sich, dass alles wieder gut werde. Für Franck Ribéry gab er gar eine Vaterfigur ab. Der sensible Franzose hatte nicht selten mit Skandalen und Ausrastern zu kämpfen, fand bei Hoeneß jedoch stets Rückhalt und ein offenes Ohr. Die gesamte Familie Ribéry pflegt ein enges Verhältnis zu Hoeneß. Nun also muss sich die Bayern-Familie wohl bald von ihrem Chef verabschieden. Am 29. August, so der Noch-Präsident, wird er seine Entscheidung öffentlich bekannt geben. Noch ist der Abschied also nicht besiegelt, die Fußballwelt jedoch geht von einem baldigen Ende der Ära aus.
Ein fälliger Abschied?
Bei den Fans des FC Bayern genießt Uli Hoeneß den größtmöglichen Respekt. Trotzdem wünschen sich nicht wenige frischen Wind an der Säbener Straße. Im vergangenen Jahr gab Hoeneß mehrfach eine etwas unglückliche Figur ab. Besonders der Umgang mit Trainer Niko Kovač wurde kritisiert. Weder von Hoeneß noch von Rummenigge bekam der Trainer eine ehrliche und klare Rückendeckung, als er und sein Team mit dem Rücken zur Wand standen. Der sonst so emotionale und familiäre Hoeneß schien Kovač seine sportliche Zuneigung zu verwehren. Auch mit seiner Aussage bezüglich der kommenden Transfers scheint er sich verzockt zu haben. "Wenn Sie wüssten, wen wir schon alles sicher haben", machte er auf sich aufmerksam. Aktuell sieht es danach aus, als bekämen die Münchner keinen großen Namen mehr. Nach nun über 40 Jahren scheint es an der Zeit, einen jüngeren, frischen und motivierten Neuzugang auf die Präsidentenstelle zu setzen. Die Erfolgsgeschichte von Uli Hoeneß wird dennoch auf Lebzeiten einmalig bleiben. Spieler, Fans, sportliche Weggefährten und sogar seine schärfsten Kritiker werden am Ende zugeben müssen: Der FC Bayern ohne Uli Hoeneß? Eigentlich so gar nicht vorstellbar…
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