Fußball, du fehlst uns. Während wir auf aktuellen Sport derzeit alle verzichten müssen, bleibt uns nur der Blick in die Vergangenheit. Titel, Triumphe, Emotionen – das LIGABlatt startet heute die neue Evergreen-Serie. Jede Woche stellen wir euch ein Spiel vor, an das wir uns vermutlich alle noch bestens erinnern können. Den Anfang macht ein echter Klassiker der Champions League.
Es war der 25. Mai 2005, als sich in Istanbul der AC Mailand und der FC Liverpool gegenüberstanden. Die Ausgangslage vor knapp 15 Jahren war jedem Fußballfan klar: Der große AC Mailand mit Paolo Maldini, Andrea Pirlo, Kaká, Andrij Schewtschenko und vielen anderen Topstars war der haushohe Favorit. Wirkliche Chancen räumte man den Reds vor der Partie nicht ein. Aber wie sagte Kapitän Steven Gerrard vor dem Endspiel so schön? "Auch Underdogs sind bisweilen giftig und gute Wachhunde." Noch wusste niemand, wie seine Underdogs das Spiel beenden würden. Kaum wurde die Partie angepfiffen, lag der große Favorit bereits in Führung. Nach wenigen Sekunden traf Maldini zum 1:0.
Ein Comeback, das seines gleichen sucht
Die Italiener zauberten und spielten den FC Liverpool schier an die Wand. Während die Reds gar nicht wussten, wie ihnen geschah, war es ein Wunder, dass es zur Halbzeit nur 3:0 stand. Hernán Crespo hatte für die beiden weiteren Tore gesorgt. Nach dem Seitenwechsel schien für die Engländer nur noch Schadensbegrenzung angesagt zu sein. Plötzlich aber kippte das komplette Spiel. Während die Fans de Reds auf der Tribüne nonstop "You`ll never walk alone" zum Besten gaben, gelang Gerrard in der 54. Spielminute der 1:3-Anschlusstreffer. Nur zwei Minuten später stand es auf einmal nur noch 2:3. Und dann, nach genau einer Stunde, passierte das nicht für möglich gehaltene: Auf der Anzeigetafel leuchtet ein 3:3 auf. Wie konnte Liverpool ein 0:3 gegen die damals stärkste Mannschaft der Welt aufholen?
Dudek wird zum Helden
Der Jubel kannte keine Grenzen mehr, doch Liverpool wusste: Alles, was wir uns aufgebaut haben, kann schnell wieder zunichte gemacht werden. Also schalteten sie zwei Gänge zurück, es begann eine umkämpfte Partie auf Augenhöhe, die meist im Mittelfeld stattfand. In der Verlängerung stehen dann Andrij Schewtschenko und Jerzy Dudek im Mittelpunkt. Ein unglaublicher Reflex des Liverpooler Keepers in der 117. Spielminute lässt Milan verzweifeln. Am Ende muss das Elfmeterschießen ein verrücktes Spiel entscheiden. Es kommt so wie es kommen muss: Der haushohe Favorit scheitert an den eigenen Nerven, während sich die Reds tatsächlich den Henkelpott schnappen. Die Nacht in Istanbul nimmt kein Ende, Zuhause auf der Insel feiern die Fans so frenetisch, dass bei der Heimkehr ihrer Helden sogar das Bier ausgeht. Der 25. Mai 2005 gilt als einer der verrücktesten Tage in der Geschichte der Champions League. Weil er uns gezeigt hat: Eine Mannschaft kann noch so unschlagbar sein, hält der Gegner fest zusammen, werden Wunder Wirklichkeit.
Foto: Alex Livesey/Getty Images