Der Platzverweis gegen Alassane Pléa wegen Meckerns war zwar regelkonform, aber auch äußerst hart entschieden. Trotzdem oder gerade deshalb muss aber auch bei den Vereinen ein Umdenken stattfinden. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Benjamin Bruns.

Der größte Aufreger des Spieltages war nicht etwa der nächste Doppelpack von Erling Haaland oder der neue Tabellenführer aus München, sondern eine doppelte Verwarnung. Gladbachs Stürmer Pléa war Schiedsrichter Stieler derart angegangen, dass dieser nach der ersten gelben Karte die zweite direkt folgen ließ. Platzverweis! Zu zehnt fingen sich die „Fohlen“ noch den Ausgleich und nun diskutiert man, ob die rote Karte berechtigt war. Betrachtet man die Regeln, ist die Antwort eindeutig: ja. Trotzdem wird Referee Stieler kritisiert, da er das Spiel entschieden habe. Hier spricht man gerne immer mal wieder von „Emotionen, die nunmal dazu gehören“ und das mag zwar stimmen, ist aber ebenso eine Null-Aussage. Stellt man einen Spielleiter auf das Feld, muss dieser eben auch seiner Tätigkeit nachgehen können und das Spiel leiten. Es ist eine Unsitte geworden, bei jedem einzelnen Pfiff in halber Mannschaftsstärke plus Betreuerstab und dem Talent-Scout „Ressort: Südamerika“ zum Schiedsrichter zu stürmen, um ihn doch noch von seiner Einwurfentscheidung abzubringen. Dass man hier ansetzt und versucht, diese Auswüchse wieder irgendwie einzufangen, ist durchaus verständlich. Ähnlich verhält es sich mit der neuen Kartenregelung für Trainer und Staff: nicht die Vergabe der Karten ist das Problem, sondern die Tatsache, dass es offenbar überhaupt Grund für eine solche Neuerung gibt.

Die Frage nach dem Fingerspitzengefühl

Da muss man noch nicht einmal das Argument heranziehen, dass Spieler und Trainer Vorbilder sind oder sein sollen für die unzähligen Nachwuchs- und Amateurteams. Das ewige Lamentieren ist ebenso wie „clevere“ Schwalben oder übertriebenes Laienschauspiel nach harmlosen (!) Tacklings oder Wortgefechten inklusive pubertärem Geprolle schlicht und ergreifend peinlich oder anders ausgedrückt – unsportlich. Emotionen hin oder her. Trotzdem kann man je nach Einzelfall selbstverständlich diskutieren. Auch das gehört beim Fußball schließlich dazu. Ja, vielleicht wäre zu einem solch entscheidenden Zeitpunkt des Spiels die Kombination gelbe Karte + nachdrückliche Ermahnung für Pléa die bessere Entscheidung gewesen. Und ja, vielleicht hätte etwas mehr Fingerspitzengefühl die aktuelle Diskussion vermieden. Schiedsrichter Stieler hat anders entschieden und er wird nicht der letzte Referee gewesen sein. Vereine und Spieler sollten daher spätestens nach diesem Schuss vor den Bug tunlichst darauf achten, dass sie ihre Emotionen zumindest soweit in den Griff bekommen, dass sie das Spiel in voller Mannschaftsstärke zu Ende bringen. Das gilt natürlich ausdrücklich nicht nur für Gladbach.

Foto: Maja Hitij / Getty Images

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