Wenn ein Spieler keine ausreichende Leistung mehr bringt und es obendrein für seine Position einige bessere Profis gibt, muss er sich aus der Mannschaft verabschieden. Erkämpft er sich seine Topform aber wieder zurück und beweist, dass kein Spieler im Land dieses Niveau überbieten kann, kehrt er selbstverständlich wieder in sein Team zurück. Klingt logisch, ist es für Bundestrainer Joachim Löw aber offensichtlich nicht. Ein Kommentar.

Die Geschichte um Thomas Müller und Jérome Boateng beginnt bei der WM 2018 in Russland. Deutschland spielt ein desaströses Turnier und scheidet in der Vorrunde aus, sogar gegen Südkorea wird verloren. Nach einigen Wochen äußert sich Bundestrainer Joachim Löw und nennt Namen, die er in Zukunft nicht mehr in seiner Mannschaft sieht. Unter ihnen sind auch Thomas Müller und Jérome Boateng. Bei Boateng verstehen es die meisten, bei Müller eher weniger. Beide zeigten sich enttäuscht ob ihrer Degradierung, wollen sich nun auf den FC Bayern konzentrieren. Einige Stolpersteine mussten sie aus dem Weg räumen, besonders im Herbst 2019 sah es danach aus, als würden zwei große Karrieren langsam zu End gehen. Dann aber fassten sich die Bayernstars ein Herz. Seit Ende 2019 wirkt es fast so, als wollten sie jedem zeigen: Wer uns abschreibt, hat den Fußball nie geliebt. Seit an Seite erleben Müller und Boateng gerade ihren zweiten Frühling. Der eine hat schon vor Saisonende 18 Torvorlagen gesammelt, der andere ist Mister Unüberwindbar in der Abwehr wie zu seinen besten Zeiten.

Wer ist besser als Müller und Boateng?

Da trifft es sich gut, dass man mit solch exzellenten Leistungen ja auch wieder in die Nationalelf zurückkehren kann. So zumindest könnte man denken, ginge es nach dem Leistungsprinzip. Gilt das bei Jogi Löw? Ein wenig anzweifeln muss man es schon, denn heut wurde bekannt: Die Tür für Müller und Boateng bleibt verschlossen. Oliver Bierhoff nennt diese Entscheidung "Vertrauen in die jungen, zuletzt nominierten Spieler". Man darf sie aber getrost auch als "Ich kann meine eigenen Entscheidungen nicht zurücknehmen" bezeichnen. Warum will Löw die beiden Spieler nicht mehr in seinen Reihen wissen? Sollte es auf beiden Positionen bessere Akteure geben, wäre das Ausschließen eines Comebacks absolut legitim. Aber gibt es die? Mit Nichten. Vor allem in der Innenverteidigung hatte nur Niklas Süle vollends überzeugt, der allerdings laboriert seit Oktober an einem Kreuzbandriss. Alle anderen von Löw getesteten Verteidiger konnten nie die geforderte Klasse abrufen. Derzeit muss schlichtweg gesagt werden: Boateng gehört zu den besten deutschen Innenverteidigern. Und sollten in der Nationalmannschaft nicht auch die Besten spielen? Bei Thomas Müller sieht die Sachlage nicht anders aus. Welcher Spieler überbietet seine Leistungen? Die Antwort ist einfach: Niemand. Und zum Argument, Löw vertraue nun auf junge Spieler: Wieso nominiert er weiterhin Marco Reus (31) und Toni Kross (30)? Diese beiden sind auf ihren Positionen also die Besten, während Boateng und Müller es nicht sind? Löw mag seine Gründe haben, wieso er die beiden Bayernstars nicht mehr in den Kreise der Nationalmannschaft beruft. Sportlicher Natur können diese Gründe allerdings nicht sein. Für einen Bundestrainer allerdings sollten die leistungstechnische Komponente immer überwiegen. Eigentlich.

Foto: Christof Stache/Getty Images