Fußball-Deutschland hofft geschlossen darauf, dass man die Saison Anfang Mai mit Hilfe von Geisterspielen fortsetzen kann. Allen ist klar, welch verehrende Folgen ein Abbruch der Bundesliga für Vereine, Liga und sämtliche Mitarbeiter hätten. Allen, nur einer bestimmten Gruppe nicht: Die Ultras wollen eine Fortsetzung der Saison verhindern. Warum? Dafür führen sie Gründe der Menschlichkeit an. Worum es ihnen aber eigentlich geht: Um Macht und Einfluss. Ein Kommentar.
Die Hoffnung auf Geisterspiele steigt. Die DFL entwirft sorgfältige Szenarien und arbeitet eng mit der Politik zusammen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ließ gestern verlauten, dass er sich durchaus vorstellen könne, in Zukunft Geisterspiele zu erlauben. Auch ein Labor gab Entwarnung und bekräftigte, dass die Testkapazitäten ausreichend wären, um die Profis regelmäßig zu untersuchen. Die Vereine sind also kurz davor, aufzuatmen. Bei einem Saisonabbruch stehen unzählige Klubs vor dem Aus. Es kehrt langsam ein klein wenig Erleichterung ein in Fußball-Deutschland. Fast, denn den Ultras gefällt die aktuelle Situation so gar nicht. Am gestrigen Donnerstag veröffentlichte die Gruppierung ein Schriftstück und fordert: Brecht die Saison ab, ohne Fans darf kein Fußball gespielt werden. Ihre Begründung: Der Fußball dürfe sich nicht über andere Teile der Gesellschaft stellen. Die Ultras also plädieren für Menschlichkeit. Diejenigen, die seit Jahren Dietmar Hoff massiv diffamieren? Ja, genau die. Die möchten nun erreichen, dass erst wieder Fußball gespielt wird, wenn Fans im Stadion erlaubt sind. Was aber, wenn dies erst in einem Jahr gestattet ist? Ginge es nach den Ultras, sehen wir also monatelang, vielleicht mehr als ein Jahr lang, keinen Fußball mehr. Was dann passieren würde? Nahezu alle Vereine stünden vor den Trümmern ihrer Existenz, alle, die beruflich vom Fußball abhängig sind, ebenso. Interessieren aber tut das die Ultras nicht. Ginge es ihnen wirklich um Menschlichkeit und Gerechtigkeit, würden sie sagen: Führt die Saison weiter, aber nur, wenn es gesellschaftlich vertretbar ist. Ein Schelm, wer dabei böses denkt.
Für die Ultras zählt kein Sport
Im Sinn nämlich haben sie nur eines: Sich selbst und ihre Gier nach Macht. Bricht man die Saison ab, steht der Fußball vor dem Aus. Somit ist klar erkennbar, dass das Geld in diesem Sport die Hauptrolle spielt. Und genau hier setzt die Wut der Ultras an. Sie sehen sich selbst als Mittelpunkt des Fußballs an. Alles, was mit Geld zu tun hat, lehnen sie ab. Seit Jahren beleidigen sie Klubs und Spieler, die mit Investoren zu tun haben. Nun müssen sie erkennen: Finden etliche Monate lang Geisterspiele statt, dann geht es ja auch ohne uns. Wir haben keine Bühne mehr, um uns zu präsentieren. Sport, Mitarbeiter und Verein interessiert sie kaum. Auf der einen Seite fordern sie einen Abbruch, damit die gesellschaftliche Fairness gewahrt wird. Auf der anderen Seite ist es ihnen vollkommen egal, dass geschätzte 250.000 Menschen ihre Jobs verlieren, wenn plötzlich gar kein Fußball mehr gespielt wird. Dass wir alle kein Fan von Geisterspielen sind, bedarf keiner Erklärung. Dass sich die Ultras aber hinstellen und sagen: Wir wollen nur für die Gesellschaft, dass abgebrochen wird, kommt einer Farce gleich. Aus purem Egoismus und verletztem Stolz werden Reden geschwungen, die jegliche Ehrlichkeit vermissen lassen. Die Ultras leben von der Macht, die sie ausüben können. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Dass ihr Verein pleite geht? Interessiert sie nicht. Dass wir jahrelang auf Fußball verzichten müssten bei einem Abbruch? Ist ihnen vollkommen egal. Dass etwa eine Viertel Million Menschen auf der Straße sitzt? Juckt sie nicht im Geringsten. Sie wollen, dass die ganz Welt sieht: WIR, die Ultras, sind das Wichtigste des deutschen Fußballs. Ohne uns läuft gar nichts. Was wir sagen, ist Gesetz. Uns hat niemand zu widersprechen. Wenn sie das so sehen wollen, ist das das eine. Dass sie sich aber mit einer unglaublichen Dreistigkeit hinstellen und behaupten, nur aus reiner Nächstenliebe einen Abbruch zu fordern, zeigt das wahre Gesicht der Gruppierung. Zu hoffen bleibt nur: Dass die Vereine angemessen reagieren. Sollten die sogenannten Fans im Falle von Geisterspielen absichtlich die Regeln missachten und versuchen, die weitere Durchführung zu torpedieren, folgt hoffentlich das, was man bei einigen schon längst hätte tun sollen: Der Ausschluss aus allen Stadien dieser Welt.
Foto: Vaughn Ridley/Getty Images