Nach einem harten Stück Arbeit steht Deutschland bei der Heim-EM im Viertelfinale. In einem von zeitweise chaotischem Spiel setzte sich die DFB-Auswahl mit 2:0 gegen wackere Dänen durch und darf damit weiterhin vom Titel träumen. Dabei war es vor allem ein Sieg des Willens und des Kampfes, während es vorne zuweilen an der Abschlussqualität mangelte, um ein noch deutlicheres Ergebnis zu erzielen. Alle deutschen Spieler in der Einzelkritik.
Manuel Neuer:
Souverän, mit Übersicht und in den entscheidenden Momenten hellwach: Von einer etwaigen Torwartdiskussion war heute nichts zu spüren, da Neuer eine starke Partie machte und mehrfach gut parierte und somit das Unentschieden und später die Führung und somit den Sieg festhielt. Lediglich die langen Bälle kamen zu selten an, wodurch der 38-Jährige nicht für eine progressive Spieldynamik seiner Mannschaft sorgen konnte. (Note: 2)
Joshua Kimmich:
Nach den starken ersten 16 Minuten der deutschen Mannschaft hatte vor allem auch Joshua Kimmich zwischenzeitlich Probleme mit den Dänen und kam nicht immer hinterher. In der zweiten Halbzeit allerdings kämpfte sich der Münchner immer weiter in die Partie und ging als Anführer voran. Dabei agierte Kimmich mit Übersicht und spielte kluge Pässe. (Note: 2)
Antonio Rüdiger:
Gegen die Schweiz war der Innenverteidiger von Real Madrid noch eine Schwachstelle der deutschen Mannschaft, an diesem Abend jedoch war davon nichts zu sehen. Mutig, mit unerschütterlichem Einsatz, zweikampfstark und mit jeder Menge Mentalität ging Antonio Rüdiger voran und präsentierte sich als der Stärkste Spieler auf dem Platz – lediglich der dänische Keeper Kasper Schmeichel zeigte eine vergleichbar starke Leistung. (Note: 1)
Nico Schlotterbeck:
Der Ersatz für den gelbgesperrten Jonathan Tah machte in seinem Dortmunder Heimatstadion eine richtig starke Partie, gewann Zweikämpfe und zeigte durch seine spieleröffnenden Fähigkeiten gleich mehrfach seinen Wert. So Bereitete der 24-Jährige in der 68. Spielminute durch einen wunderbaren langen Ball auf Jamal Musiala das entscheidende 2:0 vor. Um ein Haar hätte der Dortmunder in der Anfangsphase auch das 1:0 erzielt, allerdings wurde dieses aufgrund eines vorherigen Foulspiels zurückgepfiffen. Allerdings blieb Schlotterbeck seiner im DFB-Dress als wackelig geltenden Reputation auch treu, da er im eigenen Stadion gleich zweimal unnötig den Ball vertändelte, woraus allerdings kein Gegentor erwuchs. (Note: 2)
David Raum:
Der Startelf-Debütant, der gegen die Schweiz noch das 1:1 durch Niclas Füllkrug mustergültig vorbereitete, machte vor allem in der ersten Halbzeit eine gute Partie, wo er zu den besten Deutschen zählte. In der zweiten Halbzeit jedoch, wo seine Kollegen besser ins Spiel fanden, flachte die Leistung Raums ein wenig ab. Nach 80 gespielten Minuten wurde er dann durch seinen Leipziger Mannschaftskollegen Benjamin Henrichs ersetzt. (Note: 2,5)
Robert Andrich:
Der Leverkusener spielte praktisch wie schon in der ganzen Hinrunde: Solide aber nicht überragend. Andrich war oft am Ball und sorgte so für Ruhe im deutschen Spiel, allerdings ließ er sich zuweilen etwas zu tief fallen, wodurch im Mittelfeld Lücken entstanden, die die Dänen aber letztlich nicht zu nutzen wussten. Nach 64 Minuten wurde der 29-Jährige dann durch den Dortmunder Emre Can ersetzt. (Note: 3)
Toni Kroos:
Den 34-Jährigen erwartete keine einfache Partie, da der Däne Andreas Skov Olsen ihm vor allem in der ersten Halbzeit praktisch ständig auf den Füßen stand. Deshalb wurde Kroos teilweise praktisch komplett aus dem Spiel genommen. Der punktgenaue Eckstoß auf Nico Schlotterbeck in der Anfangsphase, der einnickte, wurde dann leider aufgrund eines irregulären Blocks von Joshua Kimmich abgepfiffen. In der zweiten Halbzeit konnte sich der baldige Fußballrentner allerdings deutlich besser von seinen Gegenspielern befreien und wieder seine gewohnten Stärken auf den Platz bringen. Mit einer Passquote von überragenden 96% zog Toni Kroos wieder die Strippen, beruhigte die Partie und leitete Angriffe der deutschen Mannschaft ein. (Note: 2)
Leroy Sané:
Der vielkritisierte Münchner machte an diesem Abend seine bislang beste Partie bei diesem Turnier, wirkte allerdings nicht immer besonders glücklich. Immer wieder blieb er in der gegnerischen Abwehr hängen und traf bei deutschen Angriffen auch wiederholt die falsche Entscheidung. Dennoch zeigte sich Sané sehr motiviert und versuchte viel, wodurch sich für die deutsche Mannschaft auch Räume ergaben. In der 88. Spielminute wurde der 28-Jährige dann zur defensiven Absicherung durch Waldemar Anton ersetzt. (Note: 3)
İlkay Gündoğan:
Der deutsche Kapitän macht eine insgesamt unauffällige Partie. Während Gündoğan in der Anfangsviertelstunde kluge Läufe machte, freche Pässe versuchte und für Dynamik sorgte, fiel die Leistung des 33-Jährigen anschließend etwas ab. Zwar machte der Barcelona-Profi kaum Fehler, ihm gelang es aber auch nicht, Offensivsituationen einzuleiten, weshalb Gündoğan Nach 64 gespielten Minuten durch Niclas Füllkrug ersetzt wurde. (Note: 3)
Jamal Musiala:
Lange Zeit wirkte es so, dass der Shootingstar vom FC Bayern einen eher gebrauchten Tag erwischt hatte, da ihm auf der linken Seite nicht wirklich viel gelingen wollte. Zu oft stolperte Musiala über die eigenen Füße oder konnte den entscheidenden Pass nicht zum Mitspieler bringen. In der 68. Spielminute allerdings war der 21-Jährige wieder da, bekam auf dem linken Flügel einen tollen langen Ball von Nico Schlotterbeck und behielt dann vor dem bärenstarken Kasper Schmeichel die Nerven und erzielte das entscheidende 2:0, sein mittlerweile bereits drittes Turniertor. In Spielminute 81 war dann Schluss für den Dribbelkünstler und Florian Wirtz kam ins Spiel. (Note: 2,5)
Kai Havertz:
Ähnlich wie Leroy Sané machte Kai Havertz erneut nicht den glücklichsten Eindruck in der deutschen Spitze, obgleich man dem 25-Jährigen den Einsatzwillen zu keiner Sekunde absprechen konnte. So hatte Havertz bereits in der ersten Halbzeit durch einen Kopfball die Chance, Deutschland in Führen zu bringen, scheiterte aber an Schmeichel. In der zweiten Halbzeit hatte der Arsenal-Stürmer dann weitere Chancen, die er selbst teilweise spektakulär einleitete, vergab diese aber teils kläglich. Hätte Havertz eine dieser Chancen genutzt, würde keiner an seiner Aufstellung zweifeln, so bleiben die Diskussionen. Dennoch sollte sich ehemalige Leverkusener noch in die Scorer-Liste eintragen, als er in der 53. Spielminute punktgenau den Elfmeter zum zwischenzeitlichen 1:0 versenkte. (Note: 2,5)
Emre Can (ab Spielminute 64):
Der Dortmunder, der für den unauffälligen Robert Andrich ins Spiel kam, machte seine Sache richtig gut. Zwar sorgte Can nicht für spektakuläre Aktionen, das war aber auch nicht seine Aufgabe. Stattdessen gliederte sich der 30-Jährige in der deutschen Defensive ein, beruhigte durch seine Passgenauigkeit und sein unaufgeregtes Auftreten die Partie und trug damit dazu bei, dass Deutschland immer besser ins Spiel fand und nach hinten hinaus die Dänen geradezu erdrückte. Bis zur Einwechslung Cans waren die Skandinavier nämlich durchaus gefährlich gewesen, anschließend ebbte diese Gefahr aber merklich ab. (Note: 2)
Niclas Füllkrug (ab Spielminute 64):
Der 31-Jährige veränderte durch seine Hereinnahme die Statik des Spiels, sodass Kai Havertz mehr auf die Flügel ausweichen konnte, was den Deutschen mehr Räume ermöglichte. Auch wenn Füllkrug aktiv wenig in Erscheinung trat, merkte man gleich, dass sich das Offensivspiel der Deutschen mit seiner Hereinnahme verbesserte. (Note: 2,5)
Florian Wirtz (ab Spielminute 81):
Anders als Benjamin Henrichs, der gemeinsam mit dem 21-Jährigen eingewechselt wurde, aber nur sehr sporadisch ins Spiel eingebunden war, zeigte Florian Wirtz sofort einen Impact, indem er noch einmal ordentlich wirbelte, Dribblings versuchte und kluge Pässe spielte und so führ mehrere vielversprechende Offensivsituationen sorgte. So erzielte der Leverkusener sogar das 3:0, was aufgrund einer knappen Abseitsstellung allerdings aberkannt wurde. (Note: 2)
Benjamin Henrichs (ab Spielminute 81):
Der Leipziger zeigte sich agil und startete einige vielversprechende Tiefenläufe, jedoch lässt sich die Leistung des Außenverteidigers aufgrund seiner wenigen Szenen kaum bemessen. Daher entfällt eine Note.
Waldemar Anton (ab Spielminute 88):
Für den ausgepowerten Leroy Sané ins Spiel gekommen, sollte der noch-Stuttgarter für mehr Sicherheit in der Abwehr sorgen. Tatsächlich gewann der Innenverteidiger kurz nach seiner Einwechslung noch ein wichtiges Kopfballduell und konnte an anderer Stelle auch noch einmal klären, wegen der wenigen Minuten lässt sich seine Leistung allerdings nicht adäquat bemessen, weshalb die Note entfällt.
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