Als Franz Beckenbauer einst den UEFA Cup als "Cup der Verlierer" abstempelte, wusste der "Kaiser" selbstverständlich, dass diese Aussage polarisieren würde. Und dennoch trifft seine zwar drastische, aber gleichermaßen treffende Feststellung noch heute zu. Im Schatten des Glanzes der Champions League ist die Europa League als Nachfolgewettbewerb des UEFA Cups noch immer eher "kleiner Brunder" als "zweites Zugpferd". Und doch könnte der Wettbewerb im kommenden Frühjahr dramatisch an Fahrt aufnehmen.
Dann nämlich, wenn aus der Champions League arrivierte Spitzenklubs wie Atlético Madrid und Borussia Dortmund das breit gefächerte Teilnehmerfeld komplettieren. Während die Elf von Diego Simeone den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale nach dem peinlich 1:1-Remis gegen Qarabağ FK aus Aserbaidschan nicht mehr in der eigenen Hand hat, muss der BVB seine verbliebenen Gruppenspiele ausnahmslos gewinnen – nach den jüngsten Auftritten der Westfalen ein schwer vorstellbares Szenario.
Europa League als Chance
Und so wird für die beiden Klubs, die zusammen auf drei Champions-League-Finalteilnahmen in den letzten fünf Jahren kommen, die Europa League das einzige Trostpflaster bleiben. Doch bietet der Wettbewerb für beide Teams die Chance, eine international verkorkste Saison doch noch zu retten. Finanziell bietet die Europa League für Vereine in den Gewichtsklassen von Atlético und der Borussia keinen großen Mehrwert – sportlich jedoch bietet die K.o.-Phase im kommenden Frühjahr jede Menge Reizpunkte.
Gegner wie Ludogorets Razgrad oder die Young Boys Bern gehören zwar nicht zur internationalen Elite – aber warum sollte man aus der Not keine Tugend machen und die entsprechenden Aufgaben als interessante Herausforderungen annehmen? Zu den genannten Underdogs gesellen sich außerdem noch etablierter Gradmesser wie die französischen Teilnehmer aus Lyon und Marseille, zudem der FC Arsenal und AC Mailand. Wenn im Mai 2018 das Finale im Parc Olympique Lyonnais steigt, wird von mit Sicherheit viel gesprochen. Von einem "Cup der Verlierer" aber dürfte in keinem Fall mehr die Rede sein.