Der Traum ist geplatzt! Der Kopfball von Mikel Merino in der 119. Spielminute besiegelt mit dem 2:1 für Spanien das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der EM im eigenen Land. Besonders bitter ist, dass vorher ein klares Handspiel von Marc Cucurella im spanischen Strafraum nicht gepfiffen wurde. Dennoch zeigte die deutsche Mannschaft eine vor allem kämpferisch starke Leistung und war im Spiel nicht die schlechtere Mannschaft. Das Auftreten der Nagelsmann-Truppe in der Einzelkritik.
Manuel Neuer:
Der 38-Jährige hatte im Spiel einige Paraden zeigen können aber auch ein zwei kleinere Wackler drin, die aber keine Auswirkungen hatten. Insgesamt strahlte der Münchner aber Ruhe aus und machte einen aufmerksamen Eindruck. Bei beiden Gegentoren konnte Neuer nichts ausrichten. (Note: 2,5)
Joshua Kimmich:
Der Rechtsverteidiger wider Willen zeigte erneut eine insgesamt starke Partie. Die undankbare Aufgabe gegen den pfeilschnellen und quirligen Nico Williams löste Kimmich richtig gut und ließ den spanischen Flügelstürmer nur selten Gefahr ausstrahlen. Die meisten Zweikämpfe gewann er und schob auch immer wieder nach vorne, um die Offensive zu unterstützen. In der 89. Spielminute bereitete der 29-Jährige per Kopf das zwischenzeitliche 1:1 durch Florian Wirtz vor. Beim 1:2 hätte Kimmich vielleicht Dani Olmo mehr stören können, um ihn an der Flanke zu hindern, ein wirklicher Fehler war es aber nicht. (Note: 2)
Antonio Rüdiger:
Erneut als emotionaler Leader ging der 31-Jährige voran und versuchte, hinten den Kasten dicht zu halten. Zu Beginn, als die Spanier besser waren, musste Rüdiger viel ausbügeln und kaum auch mal zu spät. Beim 1:2 konnte sich Mikel Merino von Rüdiger lösen und das Spiel für Spanien entscheiden. Der einzige wirkliche Fehler Rüdigers, war gleichzeitig der bitterste im ganzen Spiel. (Note: 3,5)
Jonathan Tah:
Nachdem er im Achtelfinale gegen Dänemark wegen einer Gelbsperre hatte aussetzen müssen, rotierte der 28-Jährige wieder zurück in die Mannschaft. Gegen die in der Anfangsphase sehr starke spanische Offensive hatte Tah so seine Probleme, fand aber wie die ganze deutsche Mannschaft besser ins Spiel und machte seine Sache ordentlich. Nach 80 gespielten Minuten wurde Jonathan Tah durch den offensiven Thomas Müller ersetzt. (Note: 3)
David Raum:
In der ersten Halbzeit ist Raum der deutsche Spieler, von dem die meiste Gefahr ausging, da er über links immer wieder anschob und Flanken in die Mitte schlug, die allerdings nicht verwertet werden konnten. Gegen den starken Lamine Yamal hatte der Leipziger allerdings seine Probleme und sah beim zwischenzeitlichen 0:1 nicht gut aus. Aufgrund einer zuvor kassierten Gelben Karte wurde Raum in der 57. Spielminute durch den Stuttgarter Maximilian Mittelstädt ersetzt. (Note: 3,5)
Emre Can:
Der Dortmunder startete anstelle vom sonstigen Stammspieler Robert Andrich, erwischte aber keinen guten Tag. In der ersten Halbzeit vermochte es Can zu oft nicht, sich rechtzeitig vom Ball zu lösen, wodurch unnötige Ballverluste zustande kamen. Die physische Präsenz des 30-Jährigen war zwar durchaus zu spüren, den gewünschten Effekt brachte sie aber nicht. Zur Pause wurde Can dann doch wieder für Robert Andrich ausgewechselt. (Note: 4,5)
Toni Kroos:
Im letzten Spiel seiner Karriere machte der Weltmeister und sechsmalige Champions-League-Sieger noch einmal eine insgesamt gute Partie, obgleich die Spanier es ihm sehr schwer machten. Ballsicher und Zweikampfstark war Kroos ein wichtiger Stabilisator im deutschen Spiel, der mal wieder über 100 Ballkontakte sammelte und 92% seiner Pässe zum Mitspieler brachte. Nach hinten hinaus ging dem 34-Jährigen aber sehr die Luft aus, weshalb er in der Verlängerung nicht mehr groß am Spiel teilnehmen konnte. (Note: 2,5)
Leroy Sané:
Der Plan Julian Nagelsmanns, mit Leroy Sané das Spiel breiter zu machen, ging nicht wirklich aus, da die Spanier in der ersten Halbzeit insgesamt sehr gut verteidigten. Der 28-Jährige zeigte sich zwar wieder sehr bemüht, seine fußballerische Klasse bekam er aber zu keinem Zeitpunkt auf den Platz. Nach der ersten Halbzeit war dann Schluss und Florian Wirtz kam in die Partie. (Note: 4,5)
İlkay Gündoğan:
Der deutsche Partie, der gerade in der Vorrunde zu den besten Spielern des Turniers zählte, konnte an diesem Abend dem Spiel aber nicht seinen Stempel aufdrücken. Zu oft in Zweikämpfe verwickelt, hatte İlkay Gündoğan nur selten die Chance seine gewohnten Stärken mit guten Pässen, Körpertäuschungen und klugen Läufen zu zeigen. Nach dem zwischenzeitlichen 0:1 wechselte Bundestrainer Julian Nagelsmann dann offensiv und brachte in der 57. Spielminute Niclas Füllkrug für den 33-Jährigen in die Partie. (Note: 4)
Jamal Musiala:
Der Dribbelkünstler hatte es zunächst schwer und kam nur schwerlich in die Partie. Nach dem 0:1 allerdings war Jamal Musiala einer der Antreiber, der durch seine Offensivläufe und Dribblings über Links für Gefahr sorgte und den Druck auf Spanien erhöhte. In der Verlängerung wurde ein Schuss Musialas von Marc Cucurella im Strafraum der Spanier mit der Hand geblockt, doch der Schiedsrichter, Anthony Taylor, pfiff zum Unverständnis vieler nicht und auch der VAR griff nicht ein. (Note: 2,5)
Kai Havertz:
Die Entscheidung des Bundestrainers, Kai Havertz zu Spielbeginn als einzige Spitze aufzustellen, kam nicht bei jedem Beobachter gut an. Dennoch arbeitete der 25-Jährige erneut hart, machte Bälle fest und versuchte Viel. In zwei, drei Situationen kam der Arsenal-Spieler auch aussichtsreich zum Abschluss, doch die Spanier verteidigten gut. Das nötige Quäntchen Glück fehlte einfach, was sich auch in der Schlussphase, als ein Lupfer des Offensivspielers über Spanien-Keeper Unai Simón hinweg, leider auch über die Latte ging. Zu Beginn der Verlängerung wurde der ausgepowerte Kai Havertz dann durch Lokalmatador Waldemar Anton ersetzt. (Note: 3,5)
Robert Andrich (ab Spielminute 46):
Für den schwachen Emre Can in die Partie gekommen, machte Robert Andrich seine Sache deutlich besser, sah zum Einstand beim 0:1 allerdings nicht gut aus, als er Dani Olmo ungestört zum Abschluss kommen ließ. Danach jedoch war Andrich ein stabilisierender Faktor, der seinen Anteil daran hatte, dass die Deutschen ab der 60. Spielminute die phasenweise deutlich bessere Mannschaft war. Zwischendurch musste der Leverkusener sogar in der Innenverteidigung ran, machte das aber richtig gut. (Note: 3)
Florian Wirtz (ab Spielminute 46):
Während das Experiment Sané einmal mehr gescheitert war, machte Florian Wirtz gleich einen Unterschied: Viele Angriffe leitete der Leverkusener ein, zeigte sich entschlossen und hatte einige Chancen. In der 89. Spielminute dann schoss der 21-Jährige das inzwischen hochverdiente 1:1 und hielt die Hoffnung der Deutschen am Leben. In der Verlängerung machte Wirtz weiterhin Alarm, traf allerdings auch mehrfach die falsche Entscheidung. (Note: 2)
Maximilian Mittelstädt (ab Spielminute 57):
Der Stuttgarter bekam vor heimischer Kulisse noch einmal seine Chance und machte seine Sache ordentlich. Zwar hatte Mittelstädt nicht ganz die Dynamik eines David Raums, seine Flanken sorgten aber für Gefahr. In der 89. Spielminute war es eben eine solche Flanke, die von Kimmich abgelegt und Wirtz zum zwischenzeitlichen 1:1 verwandelt wurde. Danach blieb der Linksverteidiger allerdings unauffällig. (Note: 3)
Niclas Füllkrug (ab Spielminute 57):
Die Hereinnahme Füllkrugs machte sich sofort bemerkbar, da mit diesem nun ein Zielspieler auf dem Platz stand, der die Bälle festmachte und Kai Havertz entlastete. Im Verlauf der Partie hatte Füllkrug mehrere Chancen entweder zum Ausgleich oder später sogar zur Führung für die DFB-Elf, doch entweder war es der Pfosten oder der starke Unai Simón, der dem Dortmunder einen Strich durch die Rechnung machte. Dennoch sorgte allein die Präsenz des Neuners Neuners dafür, dass Deutschland deutlich besser spielte und verdient zum Ausgleich kam. (Note: 2)
Thomas Müller (ab Spielminute 80):
Der alte Münchner Haudegen sollte in der Schlussphase noch einmal durch seine Erfahrung aushelfen, ein großer Faktor wurde er aber nicht mehr. Zwar blitzten immer mal wieder die Schlitzohrigkeit und Spielintelligenz des 34-Jährigen auf, doch fehlte ihm das nötige Tempo, um so für wirkliche Gefahr zu sorgen. Ein fünf bis sechs Jahre jüngerer Thomas Müller hätte da wesentlich mehr rausholen können. (Note: 3,5)
Waldemar Anton (ab Spielminute 91):
In der Verlängerung sollte Waldemar Anton noch einmal für defensive Sicherheit sorgen und ersetzte den offensiven Kai Havertz. Der Noch-Stuttgarter blieb im Spiel zwar weitestgehend fehlerlos, wirklich auffällig war er allerdings auch nicht. Beim 1:2 konnte der Innenverteidiger Mikel Merino nicht am Kopfball hindern, da er seinen Hintermann decken musste. Die nötige Absprache mit Antonio Rüdiger fehlte aber offenkundig, was die Situation vielleicht hätte entschärfen können – einen Fehler kann man dem 27-Jährigen hier aber nicht wirklich unterstellen. (Note: 3)
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