Beim Champions-League-Skandalspiel zwischen Paris St.-Germain und Başakşehir hat es die UEFA verpasst, klare Kante zu zeigen und den eigens propagierten Anti-Rassismus-Kampagnen Taten folgen zu lassen. Anstatt den eigentlichen Eklat zu verurteilen und ein klares Zeichen in Form eines Spielabbruchs zu zeigen, liefen im Hintergrund Überredungskünste und Planungen zur Alternativ-Ansetzung. So hat die UEFA ihre Scheinheiligkeit auf ein neues Level gehievt. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb.

"Say no to racism", "Zeig Rassismus die Rote Karte" – die UEFA hat in den vergangenen Jahren einige Kampagnen gefahren, um zu deklarieren, aktiv gegen Rassismus auf und neben dem Platz vorzugehen. Am Mittwochabend hat es der europäische Fußball-Dachverband aber verpasst, klare Kante zu zeigen. Rund eineinhalb Stunden ruhte die Champions-League-Partie zwischen Paris St.-Germain und Başakşehir, nachdem Pierre Webo, ein Betreuer des türkischen Meisters, vom Schiedsrichter-Assistenten rassistisch beleidigt wurde. Klar und eindeutig zu hören über die Außenmikrofone des ansonsten menschenleeren Prinzenparks.

Bis 23 Uhr hatte es noch kein offizielles Statement gegeben. Was in diesen Minuten in den Katakomben des Stadions abgelaufen ist, welche Besprechungen es zwischen den einzelnen Parteien und Funktionären gegeben hat, ist nicht vollends geklärt. Fakt ist aber, dass die UEFA eindringlich und lange versuchte, Başakşehir vom Wiederbetreten des Feldes zu überreden. Das bezeugen türkische Journalisten, die am Dienstagabend in unmittelbarer Nähe im Stadion vor Ort waren. Pierre Webo, Demba Ba und Başakşehir weigerten sich, übrigens auch eine große Riege des PSG-Lagers um Star-Spieler Mbappé.

Spätestens nach 23 Uhr hätte die UEFA dann – so wie sie es immer auf großen Bannern und Werbefläche predigen – "nein zu Rassismus sagen" können. Was offiziell nicht kommuniziert wurde, im Hintergrund aber offensichtlich bis zuletzt ein entscheidender Faktor war, war das Parallelspiel zwischen RB Leipzig und Manchester United. Hätte United in Leipzig gepunktet, hätte ein Ergebnis zwischen PSG und Başakşehir noch direkten Einfluss auf die Gruppenkonstellation genommen. Durch den Leipziger Sieg ist PSG nun für´s Achtelfinale qualifiziert, Başakşehir ist ohnehin bereits vor diesem Spieltag ausgeschieden. Eine sportlich also völlig unbedeutende Partie könnte dem übergeordnetem Anti-Rassismus-Ziel weichen und wahrscheinlich alle wären damit d´accord. Nicht die UEFA: Das am Dienstagabend abgebrochene Spiel zwischen PSG und Başakşehir ist für Mittwoch 18.55 Uhr neu angesetzt – mit einem neuen Schiedsrichtergespann. Problem gelöst.

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