Nach dem Rücktritt des TFF-Verbandspräsidenten Nihat Özdemir stehen Mitte Juni Neuwahlen beim türkischen Fußballverband an. Noch ist unklar, wer auf Özdemir folgen und den Umbruch einleiten wird. Dass sich die Krise im türkischen Fußball unter der Führung des 71-Jährigen drastisch verschärft hat, ist unumstritten. Das LIGABlatt blickt auf die dreijährige Amtszeit des Ex-TFF-Präsidenten zurück.

 

Am Montagnachmittag sorgte der Rücktritt vom Verbandspräsident Nihat Özdemir für ein Erdbeben im türkischen Fußball. Sowohl der Zeitpunkt des Rücktritts inmitten der noch laufenden Saison der Süper Lig als auch der Rücktritt selbst warfen einige Fragezeichen auf. Fakt ist, dass die drei Jahre andauernde Amtszeit des 71-jährigen Geschäftsmanns Geschichte ist. Wie der türkische Fußballverband TFF offiziell bestätigte, soll der neue Präsident in der kommenden Generalversammlung am 16. Juni gewählt werden. Bis dahin wird Servet Yardımcı interimsweise das Amt des Präsidenten ausüben. Auch der neue Vorstand sowie der Aufsichtsrat sollen am selben Tag gewählt werden. Bei einer ausbleibenden Mehrheit, die zum Scheitern der Wahlen führen würde, ist im Notfall auch eine zweite Sitzung geplant, die am Folgetag stattfinden soll. Özdemir hinterlässt im wahrsten Wortsinn ein Scherbenhaufen im türkischen Verband, zumal seine Amtszeit für keinen Aufschwung, sondern vielmehr die Misere des türkischen Fußballs weiterhin verschärft hat.

Fehlende WM-Teilnahme

Auch während der Präsidentschaft von Nihat Özdemir konnte sich die türkische Nationalmannschaft nicht für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Letztlich scheiterte man im ersten WM-Playoff-Spiel an Portugal, was rückblickend mit dem fünften WM-Quali-Aus in den vergangenen 20 (!) Jahren verbunden war. Dem WM-Aus ging auch die desaströse EM voraus, als die Türkei sang- und klanglos die EM-Endrunde mit 0 Punkten abschloss. Während seiner Amtszeit holte die "Millî Takım" in 35 Spielen 14 Siege, elf Unentschieden und musste zehnmal als Verlierer vom Platz. In seiner Ära kam es dann noch zum Trainer-Wechsel, als man sich von Şenol Güneş trennte und den deutschen Trainer Stefan Kuntz als Nachfolger präsentierte. Letzterer führte die Türkei zwar noch im letzten Moment in die Playoffs, konnte die schwierige Aufgabe gegen Portugal allerdings nicht meistern.

Skandalöse Schiedsrichter-Ausbootung 

Für reichlich Diskussionen, auch international, sorgte die Anfang März vom TFF beschlossene Absetzung von 13 (!) Schiedsrichtern. Unter den Namen befand sich auch der international geschätzte Cüneyt Çakır. Ob die Entscheidung auf die zahlreichen Schiedsrichter-Beschwerden vonseiten der Vereine zurückzuführen war, ist bis heute unklar. Die TFF-Schlichtungsstelle kippte allerdings am 26. März die TFF-Entscheidung vom 8. März, weshalb die Schiedsrichter seither weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen dürfen. Die Entscheidung kann im Nachhinein als Niederlage für den TFF um Ex-Präsident Özdemir gewertet werden. Die Rolle, die der 71-Jährige bei dieser Entscheidung gespielt hat, hinterlässt weiterhin einen faden Beigeschmack. Im Nachhinein gleicht die Schiedsrichter-Absetzung somit einem Skandal.

Kritik an der Ausländerreglung und am TV-Vertrag

Bei der Thematik rund um die neue Ausländerregelung in der Süper Lig war der TFF-Boss Özdemir auch von den Vereinen immer wieder heftig kritisiert worden. Bereits in dieser Saison galt für die Süper-Lig-Teams die Beschränkung von maximal 14 ausländischen Spielern im Kader, dabei müssen immer mindestens drei türkische Spieler und es dürfen nicht mehr als acht ausländische Spieler auf dem Platz stehen. In der Saison 2022/23 sind sogar nur noch zwölf ausländische Kaderspieler und sieben Feldspieler erlaubt , in der Saison 2023/24 dann zehn Kaderspieler und sechs Feldspieler. Auch das weiterhin nicht abgeschlossene Verfahren zur Vergabe der TV-Rechte der Süper Lig hinterließ einige Fragezeichen und konnte während der Amtszeit von Özdemir nicht finalisiert werden.