Der Saisonauftakt in der Champions-League-Qualifikation verlief äußerst enttäuschend für Fenerbahçe. Gerade die Offensive blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Eine offensichtliche Basis für Besserungen gibt es nicht.
Es ist davon auszugehen, dass ein erfahrener Coach wie Jorge Jesus, der im Vorfeld seiner Verpflichtung für seine Akribie gelobt wurde, einen genauen Plan für seine Arbeit in Istanbul erarbeitet hat. Die Fans können diesen allerdings noch nicht wirklich erkennen. Noch ist nicht einmal klar, wer dem Trainer in Zukunft überhaupt zur Verfügung steht. Max Meyer und Ally Samatta spielen in den Planungen gar keine Rolle, Zajc, Pelkas und Berisha werden immer wieder mit Wechseln in Verbindung gebracht und bei Gümüşkaya und Kapacak wäre zumindest eine Leihe sinnvoll. Auch die Neuzugänge sorgen in erster Linie für Stirnrunzeln beim Anhang. Außer Emre Mor und Nachwuchskraft Çukur kommen die Transfers aus dem Ausland und konkurrieren so mit den bereits vorhandenen Akteuren um die wenigen Kaderplätze. Lincoln ist im europäischen Fußball ein weitestgehend unbeschriebenes Blatt, King und Pedro gelten als Wundertüten und Bruma hat zwar Erfahrung mit der Süper Lig, aber auch eine Rundreise über die europäischen Ersatzbänke hinter sich. Für Hochstimmung beim Anhang sorgte eigentlich nur Pedro, der nun aber zunächst verletzt ausfällt.
Pedro und drei Unbekannte
Ist er wieder fit, wird er wohl einen der vier Plätze ergattern können. Bisher zumindest ließ Jesus in einem 4-4-2 spielen und setzte dabei auf zwei flexible Flügelspieler, einen Mittelstürmer sowie eine Hängende Spitze. Letzterer Part würde dem Brasilianer zufallen, beim Rest gibt es nur Fragezeichen. Ali Koç kündigte zwar an, dass man noch einen Mittelstürmer verpflichten wolle, dass es sich dabei aber um einen absoluten Hochkaräter mit Tor- und Stammplatzgarantie handelt, sollte man nicht unbedingt erwarten. Lässt man diesen theoretischen Neuzugang außen vor, entsteht zumindest der Eindruck, dass Jesus kein großer Fan von Serdar Dursun ist. Der torgefährlichste Spieler im Kader kam in beiden Partien gegen Kiew jeweils zu spät von der Bank. Enner Valencia hingegen startete zweimal und konnte dieses Vertrauen nicht rechtfertigen. Wie die Situation am Donnerstag gegen Slovácko aussehen wird, kann man nur mutmaßen.
Das gilt genauso für die Flügel. Jesus gab zweimal dem Duo Rossi und Kahveci das Mandat. Der Uruguayer brachte die Fans durch seinen Chancenwucher zur Verzweiflung und Kahveci bewies einmal mehr, dass er erstens auf dem Flügel verschenkt ist und ließ zweitens die nötige defensive Ernsthaftigkeit vermissen. Seine Paradeposition gibt es im neuen System nicht und daher dürfte sich der Nationalspieler in Zukunft häufiger auf der Bank wiederfinden. Leider konnte aber auch die zweite Reihe keine Eigenwerbung betreiben: Mor wurde ein- und ausgewechselt, Bruma und Lincoln wirkten nicht austrainiert und der Brasilianer ist eigentlich auch eher im Zentrum zuhause. Das gilt auch für Arda Güler, der unter Jesus einen schweren Stand haben dürfte.
Verletzungspech, fehlende Automatismen, wenig Zeit und keine klare Achse: Für Fenerbahçe kommt gerade eine Menge zusammen. Der Trainer wird nun dringend einen neuen Plan erarbeiten müssen. Am Donnerstag muss ein klarer Sieg her, damit das Team mit Schwung in die neue Saison starten kann.
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