Es war nicht zu erwarten, dass Fenerbahçe sämtliche Probleme im ersten Spiel nach der kurzen Ära Pereira überwinden würde. Dass man es allerdings unter diesen Vorzeichen nicht einmal schaffte, zumindest einen knappen Sieg gegen neun Spieler von Karagümrük herauszuholen, ist der nächste Dämpfer im Kampf um die Spitzenplätze.
Das Spiel lässt sich dabei auch taktisch im Großen und Ganzen in zwei Hälften teilen. Eine erste Halbzeit, in der die Ideen von Zeki Murat Göle zu erkennen waren und ein zweiter Durchgang, bei dem Taktik keine Rolle mehr spielte.
Die zweiten 45 Minuten sind dementsprechend auch schnell abgearbeitet. Mit gleich zwei Spielern mehr drückten die Gäste quasi durchgehend auf den Siegtreffer. Trotz der ungewöhnlichen Umstände zeigte diese Phase allerdings ganz gut, woran die Gelb-Marineblauen in dieser Spielzeit (zu) häufig scheitern. Gegen tief stehende Gegner fehlen probate Mittel, um das Tor notfalls zu erzwingen. Die Angriffe gegen Karagümrük liefen fast alle nach dem selben Schema ab: Pass aus der Innenverteidigung ins zentrale Mittelfeld, Weitergabe nach rechts auf Kahveci und der Nationalspieler setzte entweder den hinterlaufenden Sangaré ein oder chippte selbst Richtung Elfmeterpunkt oder zu Linksverteidiger Novák. Da dieser Ansatz wieder und wieder probiert wurde, konnte der dezimierte Gegner sich hervorragend darauf einstellen und trotz der Unterzahl teilweise sogar Spieler doppeln. Die zweite Hälfte war daher ein Sinnbild für Fenerbahçe 2021 und dass obwohl Göle mit Sosa, Özil, Pelkas, Kahveci und Valencia zahlreiche Einzelkönner und Edeltechniker aufgeboten hatte.
Rückbesinnung auf die Viererkette
Taktisch interessanter war daher die erste Hälfte und hier gab es quasi keine Überraschungen. Die ungeliebte Dreierkette fiel dem Trainerwechsel erwartbar zum Opfer. Die Lösung hieß 4-2-3-1. Spieler wie Pelkas oder Sangaré, die unter Pereira zuletzt kaum noch Chancen hatten, rutschten so in die Startelf. Statt der Konzentration auf das Flügelspiel sollte es für Fenerbahçe nun durch die Mitte gehen. Sechser Sosa, Achter Yandaş und Zehner Özil sollten die Angriffe initiieren. Neben dem Weltmeister waren auch die drei weiteren Offensivkräfte Pelkas, Kahveci und Valencia dazu angehalten, Räume immer wieder neu zu besetzen und die Positionen zu tauschen. Das könnte ein durchaus adäquates Mittel werden, gegen Karagümrük scheiterte es vor allem an der fehlenden Abstimmung. Ein weiteres Problem der Viererkette werden auf Sicht die fehlenden Spieler sein. Der Kader ist vollständig auf Pereiras Dreierkette ausgelegt, so dass es neben Novák und Sangaré keine weiteren Außenverteidiger auf Profiniveau gibt.
Trotzdem dürfte die neue alte Taktik auch in Zukunft Bestand haben. Göle wird nun alles daran setzen müssen, die notwendigen Abläufe einzustudieren. Sein Fokus auf technisch starke Spieler ist eigentlich genau richtig gegen defensive Gegner, so wie auch Malatyaspor am Sonntag einer sein wird. Am Ende benötigt Fenerbahçe allerdings nicht nur Ballkontrolle und -besitz, sondern zündende Ideen und einen sauberen Abschluss. Dies suchte man gegen Karagümrük vergebens.