Vítor Pereira hat seine (erneute) Mission Titelgewinn angetreten und muss nun aus einem großen Kader jene Spieler identifizieren, auf die er in der nächsten Saison setzen kann. Gleichzeitig wird es darum gehen, Akteure, die nicht mehr benötigt werden, abzugeben und eventuelle Planstellen zu besetzen. Diese Aufgaben betreffen zwar nicht in erster Linie den Trainer, Pereira muss jetzt allerdings eine Achse und eine neue Hierarchie etablieren.

Dafür gibt es gleich zwei Herangehensweisen, die allerdings nicht voneinander getrennt betrachtet werden können. Zum einen wird es für den Trainer nun darum gehen, Führungsspieler zu finden und zu ernennen. Kapitän Gökhan Gönül ist nicht mehr dabei, die Zukunft seiner bisherigen Stellvertreter Luiz Gustavo und Ozan Tufan ist nach wie vor ungeklärt. Bei einem passenden Angebot dürften beide wohl wechseln. Eine Lücke würden sie allerdings nicht nur spielerisch hinterlassen. Ähnliches gilt für José Sosa. Caner Erkin wird ein belastetes Verhältnis zum neuen Coach nachgesagt, auch wenn beide zuletzt offensichtlich darum bemüht waren, diese (möglichen) Probleme herunterzuspielen. Auch in der letzten Spielzeit war der Linksverteidiger zeitweise allerdings außen vor, weil er sich a) mit Trainer Erol Bulut angelegt hatte und b) es dabei versäumt hatte, sich durch überragende Leistungen unangreifbar zu machen. Somit blieben aktuell noch zwei weitere Optionen, die allerdings aus verschiedenen Gründen auch ihre Nachteile haben. Die erste Möglichkeit wäre ein Kapitän Mesut Özil. Von seinem Standing und der Erfahrung her kann er diese Rolle natürlich ausfüllen. Ob der eher introvertierte Künstler allerdings die beste Wahl ist, darf zumindest angezweifelt werden. Dazu steht hinter seiner physischen Belastbarkeit weiterhin ein Fragezeichen. Nach der langen Spielpause bei Arsenal stoppten ihn während seiner ersten Saison in Kadıköy immer wieder kleinere und größere Verletzungen. Gesund und topfit ist Özil sicherlich gesetzt, sein Verletzungspech würde allerdings mindestens einen starken Stellvertreter voraussetzen.

Option zwei wäre im Prinzip das Modell des ungeliebten Konkurrenten Trabzonspor. Statt eines langverdienten Routiniers erhielt dort der junge Torhüter Uğurcan Çakır die Binde. Ähnlich könnte Fenerbahçe mit Altay Bayındır verfahren, der im Endeffekt einer der wenigen unangefochtenen Stammspieler im Kader ist. Gleichzeitig ist der 23-Jährige aber auch nicht eben als Lautsprecher bekannt, so dass die Möglichkeit eher unwahrscheinlich erscheint.

Hierarchie auf eine Systemfrage

Das Thema Stammspieler betrifft dann allerdings auch die zweite Herangehensweise. Welches System will der Trainer etablieren und auf welche Achse kann er dabei setzen? Der Wechsel zu einer Dreierkette scheint schon alleine aufgrund der vorhandenen Spieler aktuell eher unwahrscheinlich. Will man insbesondere Özil bestmöglich einbinden, läuft vieles auf ein 4-2-3-1 oder offensive 4-3-3 hinaus. Der Platz im Tor ist klar vergeben, davor gibt es vor allem Fragezeichen. Bleibt Szalai, ist der Ungar links in der Innenverteidigung gesetzt. Neuzugang Steven Caulker dürfte daneben die besten Karten haben. Außenverteidiger stehen zwar einige im Kader, auf beiden Seiten dürfte es normalerweise allerdings nochmal Bewegung geben. Über die Mittelfeldzentrale kann man aktuell ebenfalls nur Mutmaßungen anstellen. Kahveci wird wohl einen Platz besetzen, Özil den zweiten auf der Zehn oder der Acht. Blieben Gustavo, Tufan und Sosa, deren Zukunft aktuell nicht abschließend geklärt scheint. Links Pelkas und rechts Valencia bleiben zwar erste Wahl, sind allerdings auch keine unbedingten Führungsspieler und in der Spitze muss Neuzugang Serdar Dursun erstmal seine großartige Form aus der 2. Bundesliga in der Süper Lig bestätigen. Eine feste Achse ist aktuell also noch nicht auszumachen, wodurch zumindest die Gefahr eines "Machtvakuums" bestehen bleibt. Der neue Trainer wird diese Aufgabe zuallererst angehen müssen.