Das EM-Eröffnungsspiel geriet für die als Geheimfavoriten gehandelte Türkei zum Offenbarungseid. Die 0:3-Klatsche zum Auftakt ist für die mental schwer angeschlagene Truppe von Şenol Güneş ein Warnschuss zum spät möglichsten Zeitpunkt. Gegen Wales müssen die "Halbmond-Sterne" wacher sein.
Es war eine für diesen Abend in Rom symbolische Sequenz: Um die 70. Spielminute herum ließ Italien die Türkei in deren Hälfte mit einfachem, aber äußerst präzisem Kurzpassspiel einfach hinterherlaufen. Kein in Rot gekleideter Türke konnte beziehungsweise wollte in die Ballstafette der alles in allem hochüberlegenen "Squadra Azzura" eingreifen. Die Türkei war in diesem Eröffnungsspiel – und ganz besonders in diesen rund 60 Sekunden mit knapp 40 aufeinanderfolgenden Pässen der Italiener – im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Mitläufer. Sowohl Trainer Şenol Güneş als auch die sich im Anschluss an das Italien-Fiasko vor das Mikrofon trauenden Kenan Karaman und Umut Meraş mussten eingestehen, gegen dieses Italien unter dem Strich nicht den Hauch einer Chance gehabt zu haben. Nach den sowohl aus dem Inland, aber auch aus dem Ausland herangetragenen Lobeshymnen über die Entwicklung der türkischen Nationalmannschaft, hin bis zum möglichen Geheimfavoriten auf den EM-Titel, war diese 0:3-Pleite ein komplette Enttäuschung – für die Mannschaft selbst aber der letzte Warnschuss.
Mit einer destruktiven und defensiv ausgerichteten Spielweise, die im Erfolgsfall als türkisches Abwehrbollwerk gefeiert wird, ist gegen Spitzennationen bei dieser EM nichts zu holen. Mit einer Lari-Fari-Einstellung, wie es so mancher hoch gehandelte Star einmal mehr wieder angegangen ist, ebenfalls nicht. Und mit einer derart labilen Mentalität, die bei der ersten Widrigkeit, nämlich einem Gegentreffer, komplett in sich einzubrechen droht, erst recht nicht. Am Mittwochabend spielt die Türkei gegen Wales. Dann wird der Druck, mit dem die "Milli Takım" schlicht nicht umzugehen können scheint, gewiss nicht geringer sein. Eine weitere Niederlage würde wohl schon das quasi sichere Turnier-Aus bedeuten.