Seit Jahren ist der FC Bayern der nationalen Konkurrenz enteilt und die Bundesliga zu einer vorhersehbaren Veranstaltung verkommen. Selbst peinliche Ausrutscher wie gegen Mainz oder das frühe Aus im DFB-Pokal können nicht darüber hinwegtäuschen. Die aktuellen Transferaktivitäten des vermeintlichen Verfolgers aus Dortmund bieten Grund zu Hoffnung – dennoch sind auch Zweifel angebracht.
80:50 lautet die aktuelle Torbilanz des abgeschlagenen Tabellenzweiten. Das zeigt schon ganz gut, wo genau die aktuellen Probleme liegen. Vorne präsentiert sich der BVB häufig in Torlaune, hinten lädt er aber auch zu Gegentreffern ein. Das Spiel gegen Bochum könnte sinnbildlich für die gesamte Saison stehen. Wenn es drauf ankam, war man nicht zur Stelle und riss sich die eigene Arbeit selbst wieder ein. Das soll und muss in der nächsten Saison anders werden und die ersten Schritte wurden für dieses Ziel bereits früh unternommen. Mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck kommen zwei der besten deutschen Innenverteidiger in den Ruhrpott und zu diesem Coup kann man dem BVB nur gratulieren. Nicht nur hat man für einen vergleichsweise niedrigen Preis zwei echte Verstärkungen geholt, beide Spieler sind bei allen vorhandenen Stärken dazu auch noch entwicklungsfähig. Dass man dazu endlich auch wieder Spieler hat, die zum erweiterten Stamm der Nationalmannschaft gehören, ist aus Prestigegründen ebenfalls nicht zu verachten. Zusätzlich wäre der aktuell gehandelte Gladbacher Ramy Bensebaini ein weiterer wichtiger Baustein. Alles gut also?
Haaland kann man nicht 1:1 ersetzen
Nicht ganz. Bei einem näheren Blick auf die Torstatistik wird nämlich klar, dass mit Erling Haaland vorne nur ein Spieler durchgehend abgeliefert hat. 29 Torbeteiligungen in nur 22 Ligaspielen sind ein unfassbarer Wert. Der zweitbeste Scorer Marco Reus kommt zwar ebenfalls auf beachtliche 25 Punkte in 27 Ligaspielen, traf allerdings davon nur neunmal selbst. Heißt: Reus wird in der nächsten Saison unbedingt einen neuen Abnehmer für seine Vorlagen brauchen. Haaland wird den Verein mit ziemlicher Sicherheit verlassen und dann zwar 75 Millionen Euro einspielen, aber auch ein riesiges Loch hinterlassen. Gefüllt werden soll dieses wohl durch mehrere externe Akteure. Mit Karim Adeyemi steht ein weiterer Nationalspieler ganz hoch im Kurs und auch seine Salzburger Teamkollegen Benjamin Šeško und Noah Okafor sollen es den Borussen angetan haben. Alle drei Spieler haben neben dem Klub die Gemeinsamkeit, dass sie sehr jung sind und sich bisher noch in keiner Spitzenliga beweisen konnten. All das galt zwar auch für Haaland, dass man allerdings einen erneuten Volltreffer dieser Größenordnung landet, scheint dennoch sehr unwahrscheinlich zu sein. Gut möglich also, dass sich die Tore in der nächsten Saison auf beiden Seiten ein wenig niedriger einpendeln. Ob das reicht, um die übermächtigen Bayern zu schlagen, bleibt höchst fraglich. Auch der Rekordmeister wird natürlich personell nachlegen, um endlich auch wieder in Europa eine größere Rolle spielen zu können.
Für den BVB, die neutralen Fans und selbst den FC Bayern, der mittelfristig auch die Nachteile einer langweiligen Liga zu spüren bekommen wird, bleibt zu hoffen, dass der BVB mit neuem Personal endlich wieder zu einem echten Konkurrenten wird. In der Defensive haben die Verantwortlichen die ersten Schritte dafür zumindest schon unternommen.
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