Am Samstagabend machte die deutsche Nationalmannschaft mit einem eindrucksvollen 7:0-Heimsieg in Freiburg gegen Bosnien & Herzegowina den Gruppensieg in der Nations League klar. Angeführt von den Shootingstars Florian Wirtz und Jamal Musiala zeigte die DFB-Auswahl gerade offensiv, welches Potenzial in ihr steckt. Welcher deutscher Nationalspieler dabei wie schlug, erfahrt ihr in der Einzelkritik.
Oliver Baumann: In seinem erst zweiten Länderspiel zeigte der Hoffenheimer eine ähnliche Leistung wie schon bei seinem Debüt gegen die Niederlande, was bedeutet, dass er nur in einer einzigen Situation wirklich gefordert war, dort aber wach blieb und grandios parierte. Ansonsten blieb Baumann anspielbar, kam gut raus und seine Pässe kamen an. (Note: 1)
Joshua Kimmich:
Seitdem der Münchner im DFB-Dress wieder als Rechtsverteidiger aufläuft, ist er wohl der konstanteste Leistungsträger in der deutschen Nationalmannschaft, so auch heute. Den Torreigen eröffnete Kimmich mit einer wunderbaren Flanke in der 2. Spielminute, die Mannschaftskollege Jamal Musiala mit einem tollen Kopfball verwertete. Darüber hinaus leitete der 29-Jährige weitere Angriffe ein und machte über rechts ordentlich Druck. Nach knapp 73 gespielten Minuten musste der DFB-Kapitän dann allerdings angeschlagen ausgewechselt werden. Für ihn kam Robin Koch in die Partie. (Note: 1,5)
Antonio Rüdiger:
Als Fels in der Brandung in der deutschen Defensive ließ Antonio Rüdiger gar nichts anbrennen und lief immer wieder gegnerische Angriffe ab, bevor sie gefährlich werden konnten. Abseits von seinen Defensiv-Aufgaben marschierte der 31-Jährige immer wieder nach vorne, diente als Anspielstation, sorgte so für Überzahlsituationen im Angriff und leitete selbst mehrere aussichtsreiche Situationen mit umsichtigen Pässen ein. So bereitete Rüdiger das 7:0 durch Tim Kleindienst mit einer perfekten Halbraumflanke vor. In den Zweikämpfen blieb der zweimalige Champions-League-Sieger dabei während der gesamten Partie praktisch unantastbar. (Note: 1)
Jonathan Tah:
Der Leverkusener verlebte einen unaufgeregten Abend und zeigte, dass er nicht nur die nötige Physis besitzt, um gegnerische Angreifer verzweifeln zu lassen, sondern auch die Übersicht und das Stellungsspiel. Einzig bei gegnerischen Kopfbällen wirkte der 28-Jährige zuweilen etwas zu behäbig und konnte sich nicht schnell genug vom Boden lösen. (Note: 2)
Maximilian Mittelstädt:
Über den gebürtigen Berliner wird in naher Zukunft wohl kaum gesprochen werden. Warum? Er ist einfach so solide, ohne dabei durch spektakuläre Aktionen aufzufallen, dass er sich nahtlos eins Mannschaftsgefüge eingliedert. Defensiv stark, vorne mit guten Flanken, die allerdings nicht verwertet werden konnten, machte Maximilian Mittelstädt schlicht eine gute Partie. In der 58. Spielminute wurde der Stuttgarter dann durch Benjamin Henrichs ersetzt. (Note: 2)
Robert Andrich:
Deutschlands neue Nummer acht sammelt weiterhin Argumente dafür, auch in Zukunft im defensiven Mittelfeld in der Startelf zu stehen. Als etwas progressiverer Part auf der Doppelsechs stieß Andrich immer wieder ins Angriffsdrittel vor und lauerte auf zweite Bälle. Genau durch diese Antizipation kam der Leverkusener in der 23. Spielminute an den Ball und schloss vom Strafraumrand ab, den Tim Kleindienst dann zum 2:0 ins gegnerische Tor abfälschte. Ansonsten war Robert Andrich gewohnt ballsicher und zweikampfstark, bis er nach 57 gespielten Minuten für Felix Nmecha ausgewechselt wurde. (Note: 1,5)
Pascal Groß:
Der Neu-Dortmunder war während der gesamten Partie die Schaltzentrale im deutschen Spiel zwischen Defensive und Offensive. Als solche machte Pascal Groß seine Sache wieder einmal sehr gut. Komplett unaufgeregt nahm der 33-Jährige das Tempo raus, wenn es nötig war und machte es wieder schnell, wenn es sich anbot. Dabei zeigte Groß, dass er vielleicht nicht mehr über das absolute Tempo verfügt, aber sowohl offensiv als auch defensiv allein durch seine Spielintelligenz und Übersicht einen großen Mehrwert für seine Mannschaft mitbringen kann. (Note: 2)
Florian Wirtz:
Wenn man einen Spieler an diesem Abend als "Man of the Match" herausheben wollte, dann hätte Florian Wirtz wohl die meisten Argumente auf seiner Seite. Nicht nur erzielte der 21-Jährige mit einem fiesen Flatterball den ersten direktverwandelten Freistoß seit vielen Jahren für die deutsche Nationalmannschaft, auch blieb der Leverkusener vor dem 5:0 aufmerksam und schob die Hereingabe von Kai Havertz über die Linie. Zuvor hatte Wirtz schon das 3:0 von Havertz nach einer traumhaften Doppelpass-Kombination vorbereitet. Ansonsten machte Spielmacher ebenfalls eine großartige Partie, spielte kluge Pässe und tanzte Gegenspieler aus. In Spielminute 58 durfte sich der 21-Jährige seinen verdienten Applaus abholen und wurde für Serge Gnabry ausgewechselt. (Note: 1)
Kai Havertz:
Der in diesem Jahr so viel kritisierte Angreifer konnte an diesem Abend zumindest seine vielen Kritiker zum Schweigen bringen. Man merkte schnell, dass Havertz die Positionierung auf der Zehn deutlich besser liegt als alleinige Spitze. So konnte der Arsenal-Star immer wieder aus der Tiefe des Raumes heraus in die Spitze vorstoßen und so für Überzahl im gegnerischen Strafraum sorgen. Nicht nur machte der 25-Jährige mal wieder viele gute Läufe, er traf auch mal wieder aus dem Spiel heraus, als ihn Florian Wirtz in der 37. Spielminute nach einem Doppelpass perfekt in Szene setzte. Havertz revanchierte sich beim Leverkusener, als er in der 57. Spielminute nach seinem eigenen Ballverlust nicht abschaltete, sondern die Kugel zurückgewann und vor dem gegnerischen Tor in die Mitte brachte, wo Wirtz einfach nur einzuschieben brauchte. Das 6:0 durch Leroy Sané bereitete Havertz ebenfalls vor. (Note:1)
Jamal Musiala:
Die Gala, die an diesem Abend in Freiburg gefeiert wurde, wurde traumhaft durch Jamal Musiala eröffnet, der bereits in der 2. Spielminute nach einer schönen Flanke von Joshua Kimmich seine neu-entdeckte Kopfballstärke unter Beweis stellte und die Kugel perfekt gegen die Laufrichtung des Keepers über die Linie nickte. Danach blieb "Bambi" weiterhin ein ständiger Unruheherd, der mit gefährliche Schüssen und geschickten Dribblings seine Gegenspieler immer wieder verzweifeln ließ. Auch der 21-Jährige wurde in der 58. Spielminute ausgewechselt und für ihn kam sein Münchner Mannschaftskollege Leroy Sané in die Partie. (Note: 1)
Tim Kleindienst:
Mit der geballten Offensivpower von Florian Wirtz, Kai Havertz und Jamal Musiala hinter sich machte Tim Kleindienst seine Sache ebenfalls richtig gut, indem er nicht nur seine Körpergröße bei Flanken für gefährliche Situationen ausnutzte, sondern auch immer wieder auf den Flügel auswich, um so einen seiner drei prominenten Hintermänner in den Strafraum rücken zu lassen. Darüber hinaus bewies der Gladbacher auch ein gutes Stellungsspiel, indem er beim 2:0 den Schuss von Robert Andrich unhaltbar ins gegnerische Tor abfälschte und beim 7:0 die Flanke von Antonio Rüdiger an der Abseitskante perfekt verwertete. (Note: 1)
Benjamin Henrichs (ab Spielminute 58):
Für Maximilian Mittelstädt in die Partie gekommen, sorgte der Leipziger weiterhin für Druck, indem er regelmäßig bis zur Grundlinie durchlief und Bälle in die Mitte flankte die allerdings nicht verwertet werden konnten. Davon abgesehen blieb Henrichs allerdings unauffällig. (Note: 3)
Felix Nmecha (ab Spielminute 58):
Der Dortmunder DFB-Rückkehrer kam für Robert Andrich ins Spiel und machte dort seine Sache als Box-to-Box-Spieler sehr ordentlich. Durch seine Tiefenläufe machte Nmecha die Partie immer wieder schnell, zeigte sich dabei ballsicher und gewann viele Zweikämpfe. Durch seine Dynamik bringt der 24-Jährige etwas mit, das im zentralen Mittelfeld der deutschen Nationalmannschaft so kein anderer hat, und konnte heute zeigen, dass er in Zukunft durchaus eine Option sein könnte. (Note: 2,5)
Leroy Sané (ab Spielminute 58):
Bei der Europameisterschaft enttäuschte der talentierte Tempodribbler noch und gerade als Einwechselspieler schaffte er es zuletzt nicht, für neuen Schwung zu sorgen. An diesem Abend jedoch zeigte sich der Münchner aber motiviert und nutzte mehrfach sein Tempo, um seinen Gegenspielern davon zu laufen. Bei seiner ersten aussichtsreichen Situation scheiterte Sané zwar noch am bosnischen Keeper, wenige Minuten später jedoch nahm er das Zuspiel von Kai Havertz traumhaft mit, spielte jonglierend seinen Gegenspieler aus und schob mit etwas Glück zum 6:0 ein. Hiernach machte der Flügelstürmer zwar weiterhin Druck, blieb aber glücklos. (Note: 2)
Serge Gnabry (ab Spielminute 58):
Beim Vierfachwechsel von Julian Nagelsmann kam Serge Gnabry für den überragenden Florian Wirtz in die Partie. Zwar konnte der 29-Jährige dem Spiel nicht ganz den Stempel aufdrücken wie der Leverkusener, jedoch zeigte er sich sehr bemüht und versprühte eine gewisse Dynamik, die sich auch auf seine Mitspieler übertrug, die nicht abschalteten, sondern weiter nach vorne spielten. Anders als gewohnt, blieb Gnabry beim Abschluss zurückhaltend, agierte stattdessen aber eher als Spielmacher und verteilte in der Offensive die Bälle, was er auch durchaus gut machte. (Note: 2,5)
Robin Koch (ab Spielminute 73):
Für den verletzten Joshua Kimmich in die Partie gekommen, blieb der Frankfurter insgesamt jedoch unauffällig. Ruhig und insgesamt fehlerfrei blieb Koch zwar in der Defensive stets anspielbar und leitete die Bälle gewissenhaft weiter, traute sich dabei allerdings nichts und konnte dem Spiel nicht wirklich seinen Stempel aufdrücken. (Note: 3)
Foto: Daniela Porcelli / Getty Images