In allererster Linie war die Partie gegen PSV natürlich ein Spiel mit einem sportlichen Ziel, nämlich dem Einzug in die Champions League. Unter diesen Gesichtspunkten ist Galatasaray krachend gescheitert und reiht sich ein, in die blamablen Auftritte türkischer Vereine in Europa. So früh in der Spielzeit eignet sich eine solche Partie allerdings auch für Erkenntnisgewinne und zumindest diese gab es. Sie dürften Fatih Terim allerdings nicht gefallen.
Zwar sollte man nach einem Spiel nicht alles in Frage stellen, wenn nach einem 1:5 allerdings die beste Nachricht ist, dass man nicht noch höher verloren hat, dann liegt einiges im Argen. Das beginnt beim Torwart. Fernando Muslera ist nach wie vor der beste Keeper der Süper Lig und eigentlich ein unschätzbarer Rückhalt für seine Mannschaft. Das Spiel gestern muss hier als die Ausnahme gesehen werden. Der Kapitän verschuldete das frühe 0:1 und schlug in der Folge jeden zweiten Abschlag direkt in gefährlicher Position zum Gegner. Erst tief in der zweiten Hälfte konnte er sich langsam auszeichnen und seine Klasse aufblitzen lassen. Für Galatasaray wird es nun wichtig sein, dass der Routinier diesen Auftritt schnell aus den Knochen bekommt, seine Vorderleute vermittelten nämlich nicht den Eindruck, als würden sie ohne ihren Anführer Land sehen. In Ermangelung eines echten Außenverteidigers setzte Terim auf eine Mischung aus Dreier- und Viererkette, die sein Team offenkundig verunsicherte. Mit Ömer Bayram lief zumindest links ein Spieler auf, der schon häufiger den defensiven Flügel beackert hat. Gegen Nodi Madueke war der 29-Jährige zwar völlig überfordert, dafür zeigte er allerdings zumindest in der Offensive zarte Ansätze.
Das konnte man von der gegenüberliegenden Seite nicht behaupten. Alpaslan Öztürk war in seinem ersten Pflichtspiel für die Gelb-Roten wirklich nicht zu beneiden und hatte defensiv alle Hände voll zu tun. Sein Vordermann Sekidika ließ in allerdings auch viel zu häufig alleine, ohne dabei das Angriffsspiel zu beleben. Galatasaray braucht dringend Außenverteidiger von Rang. Rechts stehen diese zumindest im Kader, links hoffen die Fans, dass einer der vollmundig besprochenen Namen auch final verkündet wird. Dann könnte man auch die taktischen Experimente beerdigen, die der Mannschaft gegen Eindhoven jegliche Sicherheit nahmen.
Keine ordnende Hand
Defensiv wurde man also nach allen Regeln der Kunst bloßgestellt. Und offensiv? Auch hier gab es große Personalprobleme, die sich brutal auswirkten. Vor Neuzugang Kara, der es zu keinem Zeitpunkt schaffte, ein Gleichgewicht zwischen Abwehr und Angriff herzustellen, stürmten inklusive der beiden "Außenverteidiger" gleich sechs gelernte Flügelspieler, aber kein echter Mann für das Zentrum. Auch in der letzten Saison hatte Terim Akteure wie Turan oder Kılınç zumeist ins Zentrum gestellt, ohne einen spielsicheren Achter oder Sechser ging dieser Schachzug gegen PSV allerdings nach hinten los. Turan war als potentieller Führungsspieler überhaupt nicht zu sehen und sein Nebenmann traf zwar, verschuldete dafür aber auch das 0:2. Beide blieben den Nachweis schuldig, dass sie bei den "Löwen" vorangehen könnten und es stellt sich die Frage, wer es dann tun soll.
Dringend gesucht werden nun ein, am besten aber zwei zentrale Mittelfeldspieler, die das Herzstück der Mannschaft besetzen und das Spiel leiten. Das wird schwierig genug, denn auch in vorderster Front ging das Trauerspiel weiter. Dass der langjährige Ajax-Akteur Ryan Babel in Eindhoven nicht mit Blumen empfangen werden würde, dürfte ihm auch klar gewesen sein, die ständigen Pfiffe brachten ihn allerdings dennoch aus dem Tritt und er blieb als einzige richtige Spitze wirkungslos. Hier stehen mit Mohamed und (noch) Falcao zwei ordentliche Optionen im Kader. Da gerade der Kolumbianer und auch Feghouli, der als erster Joker kam, eigentlich bereits mit einem Bein abgesprungen sein sollen, müssten die Verantwortlichen allerdings auch nochmal nachlegen. Viel Arbeit also bis zum "richtigen" Saisonbeginn. In der Champions League ist man nach menschlichem Ermessen raus. Jetzt müssen die richtigen Spieler her und schnellstmöglich eine funktionierende Taktik gefunden werden. Da es keine personellen Lichtblicke gab, bleibt als Galatasaray-Anhänger nur, die Schmach von Eindhoven als Schuss vor den Bug zu werten. Es wartet eine Menge Arbeit und die Zweifel sind nach dieser Darbietung riesengroß.
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