Noch immer sind die Schlagzeilen über den Jubel der türkischen Nationalmannschaft bei der vergangenen Länderspielpause groß. Während es in der türkischen Oberklasse erwartungsgemäß ausschließlich Beifall und Verbundenheit gibt, hagelt es aus verschiedenen europäischen Ligen – insbesondere der deutschen Bundesliga – massive Kritik.

So richtig abgekauft hat man die Freude Kaan Ayhans über seinen Ausgleichstreffer gegen Frankreich nicht. Während sämtliche Teamkollegen sich wie entfesselt vor den zehntausenden anwesenden Türken freuten und den damals schon markanten Jubel mit salutierender Geste zeigten, drehte der Düsseldorfer ab und für den gegnerischen Anstoß in die eigene Hälfte. Innerhalb der türkischen Mannschaft rumort es wegen des in weiten Teilen Europa kritisierten Jubels keineswegs. Trainer wie Mannschaft solidarisierten sich symbolisch. Auch aus der heimischen Liga bekamen die Nationalspieler, wie zum Beispiel von Galatasaray-Trainer Fatih Terim erwartungsgemäßen Zuspruch für die Aktion. Doch mit Blick auf die europäischen Konkurrenz-Verbände zeigt sich ein eindeutiges Bild: Der türkische "Militär-Jubel" wird äußerst kritisch gesehen.

Die Bundesliga wehrt sich – in Italien und England gibt es kaum Beachtung

Kaan Ayhans verhaltener Jubel war nicht unbegründet. In Deutschland wird das aktuelle Treiben der Türken wohl am schärfsten betrachtet. Der FC St. Pauli hat seinen Mittelfeldspieler Cenk Şahin bereits vor die Tür gesetzt, nachdem dieser in einem Instagram-Post sich solidarisch für das türkische Militär zeigte. Beim SV Werder Bremen, wo mit Ömer Toprak und Nuri Şahin zwei ehemalige türkische Nationalspieler unter Vertrag stehen, wird das Thema ebenso kontrovers behandelt wie beim FC Schalke 04 mit Shootingstar Ozan Kabak. Die Sichtweise ist in beiden Fällen die gleiche: Der Verein distanziert sich von politischen, kriegerischen oder religiösen Sichtweisen, die sich nicht mit den Ansprüchen und Vorstellungen des Klubs decken. Und auch bei Fortuna Düsseldorf soll es mit Ayhan noch ein "klärendes Gespräch" geben. In anderen europäischen Ligen fällt das Thema derweil kaum ins Gewicht. Merih Demiral hat bei Juventus einen zu geringen sportlichen Stellenwert, dass es die Boulevard-Medien wirklich interessieren würde. In England bei Leicester Çağlar Söyüncü soll es zu einer internen Besprechung gekommen sein, doch scheint es so, als wolle der Verein auf Grund des aktuellen Erfolgskurs kein großes Fass aufmachen.