Sechs Punkte, 10:0 Tore und zwei insgesamt sehr frische und überzeugende Auftritte: Die Türkische Nationalmannschaft unter Stefan Kuntz macht gerade endlich mal wieder Spaß. Der Trainer dämpft allerdings die Euphorie – aus gutem Grund.

So schön die jüngsten Ergebnisse schließlich auch sind, sie mussten bei allem Respekt schon von vornherein eingepreist werden. In einem völlig überflüssigen Wettbewerb wie der Nations League ist die Türkei in die Drittklassigkeit abgerutscht und muss sich nun mit internationalen Leichtgewichten messen. Das passt grundsätzlich nicht zum Selbstverständnis der Türken, aber Stefan Kuntz hat recht, wenn er betont, dass man an dieser Lage selbst schuld ist. Gegen die Faröer und Litauen machte der Trainer nun das Beste aus der Situation: Er spielte voll auf Sieg, ließ Automatismen einstudieren und testete dabei neue Spieler. Zwar wird kein völliger Umbruch nötig sein, klar ist aber dennoch, dass die Mannschaft nach dem Aus in der WM-Qualifikation eine neue Statik entwickeln muss. Die ersten Schritte sind gemacht und sehen vielversprechend aus.

Starke Auswahl, schwache Gegner

Von der viel kritisierten Dreierkette ist Kuntz auf den ersten Blick abgewichen, wobei man sagen muss, dass erstens die Gegner dazu einluden mehr Offensivspieler ins Rennen zu schicken, und zweitens die Außenverteidiger im Wechsel munter nach vorne stürmten und so als asymmetrische Viererkette am Ende doch wieder drei Akteure zur Absicherung blieben.

Fixpunkt ist und bleibt Kapitän Çalhanoğlu, daneben soll sich eine Achse herausbilden. Çakır im Tor, Söyüncü und Demiral davor und Kadıoğlu auf links dürften gesetzt bleiben. Rechts fordert der agile Müldür Platzhalter Çelik heraus. Der Platz neben dem Kapitän im zentralen Mittelfeld ist vakant und wird von Toköz, Özcan und dem offensiveren Kökçü beansprucht. Auf den Flügeln spricht alles für Ünder und Aktürkoğlu und ganz vorne betreibt Dursun Eigenwerbung als Yılmaz-Nachfolger mit sechs Toren aus ebenso vielen Spielen.

Auch die vermeintliche zweite Reihe konnte allerdings Ausrufezeichen setzen: Dervişoğlu war ebenso ein Aktivposten wie Sinik und Akgün und auch Debütant Eren Elmalı wird man wahrscheinlich noch häufiger im Nationaldress sehen.

Wenn man dann bedenkt, dass Kutlu und Ridvan Yılmaz auf der Bank saßen und die (im Verein) formstarken Yazıcı, Bozok, Kahveci, Yandaş und Yokuşlu gar nicht dabei waren, kann man schon festhalten, dass die Türkei aktuell eine vielversprechende Auswahl hat. Ob diese allerdings auch gegen Gegner aus der eigenen Gewichtsklasse bestehen kann, muss sie erst noch beweisen.

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