Mit einem Sieg gegen Ungarn könnten die Türken sogar auf Platz 1 in ihrer Gruppe springen. Die Frage ist nun, welchen Akteuren Şenol Güneş nach dem insgesamt enttäuschenden Auftritt gegen Russland das Vertrauen schenkt – und ob es zu einem erneuten Systemwechsel kommt.

Grundsätzlich hat der Nationaltrainer schon eine sehr genaue Vorstellung davon, wie er spielen möchte – und wählt auch seine Spieler dementsprechend aus. Die Viererkette ist eigentlich in Stein gemeißelt, vorne setzt er auf eine Spitze und zwei Flügelspieler, die in die Mitte ziehen. Am Herzstück seines Systems nahm er allerdings zuletzt immer mal wieder kleine Änderungen vor. Während der äußerst erfolgreichen EM-Qualifikation setzte der Coach meistens auf einen Sechser und zwei Achter. Zuletzt ging er dagegen mit zwei Sechsern und einem Zehner ins Spiel. Der Hauptgrund dafür ist natürlich das Personal, das ihm grundsätzlich jeweils zur Verfügung steht. Daneben hängt allerdings auch viel an der Personalie Hakan Çalhanoğlu. Der 26-Jährige ist zwar gesetzt, kommt im 4-3-3 mit zwei Achtern allerdings vornehmlich über den linken Flügel. Zwar kann der Spielmacher aus Mailand diese Position spielen, seine Stärken kommen in der Mitte allerdings noch besser zum Tragen. Auch bei Milan kam es dann zur Leistungsexplosion, als Trainer Pioli seinen Zehner eben auch tatsächlich auf die Zehn zog. Auch Güneş möchte Çalhanoğlu entgegenkommen und erhofft sich im Gegenzug natürlich durchgehend spielprägende Leistungen. Dieser Plan ist bisher noch nicht vollends aufgegangen.

Leichte Anpassungen innerhalb der Formation

Profiteur dieses zarten Systemwechsels ist hingegen Kenan Karaman. Er überzeugt auf dem linken Flügel und liefert so klare Argumente für das 4-2-3-1. Leidtragender wäre dann wiederum İrfan Can Kahveci, dessen Position auf der Doppelacht nicht mehr in der Form gegeben wäre. Auf der Doppelsechs sind die Rollen hingegen klar verteilt: Ozan Tufan gibt den Box-to-Box-Spieler und Okay Yokuşlu mimt den defensiven Part. Auch hier gab es allerdings zuletzt vorsichtige Modifikationen. Yokuşlu rückte im Spielaufbau zwischen die beiden Innenverteidiger und ermöglichte den Außenverteidigern so eine deutlich höhere Positionierung. Das klappte durch die beiden offensiv-denkenden Akteure Erkin und Çelik bei eigenem Ballbesitz recht gut, entblößte die Abwehr aber auch immer wieder bei Kontern. Trotzdem erscheint das System mit zwei Sechsern und einem klaren Zehner aktuell die beste Option zu sein. Karaman ist aus der ersten Elf nicht wegzudenken und mit Deniz Türüç drängt ein weiterer fleißiger Flügelspieler hinter dem ebenfalls gesetzten Ünder (gegen Ungarn gesperrt) aktuell auf Spielminuten. Auf der Zehn muss trotzdem mehr von Çalhanoğlu kommen. Sorgen muss er sich allerdings nicht machen, da auch sein potentieller Vertreter Yusuf Yazıcı weiterhin eher auf Vereinsebene glänzt.

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