Der Trend von Leihgeschäften macht auch vor der Süper Lig keinen Halt. Was in den europäischen Top-Ligen als Win-Win-Situation gilt, scheint im türkischen Oberhaus einen negativen Effekt auszulösen, der die nachhaltige und langfristige Entwicklung der Vereine und der Liga bremst. 

Leihgeschäfte genießen immer größeren Stellenwert in der Fußball-Welt. Die Vorteile dabei liegen auf der Hand: Abgebende Vereine können, vor allem jüngeren Spielern, die notwendige Spielpraxis sowie eine Chance zur Weiterentwicklung in einer anderen Liga geben. Die aufnehmenden Vereine haben hingegen ein geringes Risiko, können durch eine Kaufoption am Ende der Saison im besten Falle selbst entscheiden, ob man den Spieler weiterhin an den Verein bindet oder nicht. Was zunächst als eine Win-Win-Situation erscheint, greift für die türkische Süper Lig allerdings nur bedingt. Die angespannte finanzielle Situation, speziell bei den drei großen Istanbuler Klubs, macht Leihgeschäfte nahezu unausweichlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für feste Transfers ist kaum Budget vorhanden, weshalb Leihen mittlerweile an der Tagesordnung stehen. Kurzfristig mögen die Leihen erfolgsversprechend sein, für die langfristige Ausrichtung der Vereine erweisen sie sich jedoch als kontraproduktiv.   

Mangelnde Jugendförderung erschwert Schuldenabbau    

Die kurzfristige Ausrichtung der meisten türkischen Vereine ist mittlerweile bestens bekannt. Gerade türkische Vereins-Präsidenten sind dafür prädestiniert, kurzfristig erfolgreich sein zu wollen, um sich eine Teilnahme an dem europäischen Wettbewerb zu sichern – welche Mittel dafür genutzt werden, spielt keine Rolle. Nicht unüblich dafür sind Leihgeschäfte, die sich auf ein Jahr beschränken und oftmals kurz vor Ende der Transferperiode als Last-Minute-Deals verkündet werden – ein langfristiger Aufbau einer Mannschaft sieht anders aus. Die Trainer sind dann unter Zeitdruck dazu angehalten, aus dem vorhandenen Spielermaterial eine wettbewerbsfähige Mannschaft für eine Saison zu formen – mit dem Wissen, dass die Mannschaft zur kommenden Saison mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gleich besetzt sein wird. Hinzu kommt, dass sich die Vereine finanziell kaum noch hohe Ablösesummen leisten können, weshalb bei erfolgreichen Leihspielern entweder die Kaufoption nicht gezogen werden kann oder die Leihspieler sich derart in den Vordergrund spielen, dass die Süper Lig lediglich als Sprungbrett für einen größeren, finanzstarken Verein angesehen wird. Von einer langfristigen Orientierung sind die Vereine hingegen sehr weit entfernt, denn ein nachhaltiges Wirtschaften würde eine stärkere Jugendförderung implizieren. Speziell die Förderung von Talenten ist gerade bei finanziell angeschlagenen Vereinen wohl der einzige Weg aus der finanziellen Schieflage. Junge Talente mit großem Potential garantieren hohe Ablösesummen in Zukunft, die dann nachhaltig in neue Spieler reinvestiert werden können. In der Süper Lig hingegen versperren zumeist ältere Leihspieler (oder auch Transfers) jungen Talenten den Sprung in die Süper Lig, weshalb sich diese oftmals im Ausland neu orientieren müssen. Was sich aus dieser Entwicklung festhalten lässt: Leihgeschäfte, wie sie in der Süper Lig genutzt werden, werden langfristig, auch angesichts der Corona-Pandemie, keinen kontinuierlichen Beitrag zum Schuldenabbau leisten. Eine nachhaltige und gesunde Entwicklung der Liga ist unter diesen Voraussetzungen nur schwer vorstellbar.