Nach dem 1:1-Unentschieden im Land des Weltmeisters Frankreich steht die türkische Nationalmannschaft unmittelbar vor der Qualifikation zur EM 2020. Nach Jahren der Tristesse bestätigte die Güneş-Elf auch am gestrigen Montagabend in Saint-Denis, dass mit den Türken in naher Zukunft zu rechnen ist. Die richtige Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen Routiniers könnte zum großen Erfolg führen. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb.

1:0 gegen Andorra in der letzten Minute; 1:0 gegen Albanien in der letzten Minute – die beiden Qualifikationsspiele vor dem gestrigen Gastspiel in Frankreich verdeutlichten bereits: Die türkische Nationalmannschaft kann wieder Spiele in den letzten Atemzügen einer Partie entscheiden. Besonders bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz haftete der Spitzname der "Last-Minute-Türken" an der Mannschaft um Kapitän und Stürmerstar Nihat. Besonders jene Minuten in der Nachspielzeit gegen Tschechien sind bis heute unvergessen. Am gestrigen Abend sorgte die Türkei dann für eine erneute Sternstunde, wie man sich in den vergangenen Jahren selten aber in den letzten Monaten zunehmend häufig erleben durfte. Durch den 1:1-Ausgleichstreffer von Düsseldorfs Abwehrmann Kaan Ayhan entführt die Güneş-Elf einen Zähler aus Frankreich. Das Remis bedeutet nicht nur einen derzeitigen Vier-Punkte-Vorsprung bei noch zwei offenen Spielen auf Verfolger Island. Sondern vielmehr, dass der vorangegangene 2:0-Sieg im Hinspiel gegen den Weltmeister kein Einzelfall war.

Shootingstars brillieren mit Altstars

Trainer Şenol Güneş, der erst im März seine Rückkehr als Nationalcoach feierte, ist es binnen weniger Monate geglückt, aus einer eher mittelmäßigen Mannschaft eine europäische Top-Nation zu formen. Prunkstück des Teams ist dabei die Abwehrkette um die Shootingstars Çağlar Söyüncü von Leicester und Juves Merih Dermial, die in acht Quali-Spielen nur drei Gegentore fangen mussten. Ein weiteres Erfolgsindiz ist die gute Mischung aus jenen jungen Akteuren mit Stars vergangener Tage, die entweder – wie im Falle Burak Yılmaz noch immer in Top-Form sind – oder – wie im Falle Emre Belözoğlu – ihren zweiten oder dritten Frühling erleben. Hinzu kommen Spieler wie Cenk Tosun, die im Klub keine Chance erhalten und im Nationalteam mit viel Wut im Bauch auf sich aufmerksam machen wollen. Qualifiziert sich die Türkei erwartungsgemäß für die EM-Endrunde im nächsten Jahr, tritt ein Top-Team an, dass im Idealfall mit der richtigen Mischung sehr viel erreichen kann.