Rund eine Woche vor dem Start der Europameisterschaft nimmt das LIGABlatt die türkische Nationalmannschaft genau unter die Lupe und nimmt einen Kadercheck vor. Im ersten Teil der Mini-Serie wird ein Blick zwischen die Pfosten geworfen, wo die Türkei in Mitten einer goldenen Generation auf gleich drei Spitzenkräfte zurückgreifen kann. 

Als sich Gökhan Akkan am zurückliegenden Dienstagabend vom Nationalmannschaftstross verabschieden musste und damit nicht die Reise nach Deutschland ins finale Trainingslager mit antreten konnte, dürfte Trainer Şenol Güneş etwas Wehmut verspürt haben. Der ehemalige Torwart dürfte nur zu gut wissen, wie sich solch eine Mitteilung, gerade für die ganz spezielle Spielergattung der Tormänner anfühlen dürfte. Dennoch war die Entscheidung alternativlos – jedoch nicht, weil Gökhan Akkan nicht die nötige Qualität für einen drei Kaderplätze im Kasten mitbringen würde, sondern weil die anderen drei, namentlich Uğurcan Çakır, Altay Bayındır und Mert Günok, schlicht noch besser sind als der 26-Jährige von Rizespor.

Zwischen den Pfosten blickt die Türkei auf eine wahrhaft goldene Generation, wie es sie in der Breite so wohl nur selten, wahrscheinlich nie gab. Altersbedingt zählt Mert Günok genau genommen gar nicht mehr zu jener Gattung der aufstrebenden türkischen Torhüter, doch markiert der langjährige Başakşehir-Schlussmann sowas wie den Beginn des modernen Torhüters in der Türkei. Mit ihm bekam die "Milli Takım" die nötige Souveränität zurück, die ihr so lange schmerzlich gefehlt hatte. Dass der 32-jährige Schlussmann seit seinem Debüt im Jahr 2012 auf gerade einmal 22 Länderspiele kommt, wirkt indes gerade zu grotesk. Sieben Spiele davon machte Mert Günok in der zurückliegenden Länderspielsaison – und damit mehr als seine Konkurrenten.

Şenol Güneş hat die Qual der Wahl

Ob er am 11. Juni in Rom gegen Italien, wenn die Türkei das Eröffnungsspiel austrägt, zwischen den Pfosten stehen wird, ist aber nicht sicher. Denn mit Uğurcan Çakır und Altay Bayındır hat der Başakşehir-Keeper die türkische Zukunft schon jetzt im Nacken sitzen. Sowohl Trabzonspors Uğurcan – mit einem Marktwert von knapp 20 Millionen Euro wertvollster Profi der Süper Lig – als auch Fenerbahçes Altay verkörpern das Profil einer Nummer Eins, wie es sich jeder Trainer nur wünschen könnte. Die goldene Torhüter-Generation zwingt also ausgerechnet den ehemaligen Tormann Şenol Güneş zur Qual der Wahl.

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