Rund eine Woche vor dem Start der Europameisterschaft nimmt das LIGABlatt die türkische Nationalmannschaft genau unter die Lupe und nimmt einen Kadercheck vor. Im zweiten Teil der Mini-Serie wird ein Blick in die Defensive geworfen, wo die Halbmond-Sterne dank internationaler Erfahrung den heimlichen Trumpf in der Hand halten.

In der zurückliegenden Länderspielsaison 20e20/21 kam Çağlar Söyüncü verletzungsbedingt auf lediglich sechs von möglichen 13 Einsätzen. Bei der anstehenden Europameisterschaft wird der 26-jährige Innenverteidiger dennoch die Chefrolle in der Abwehr innehaben. Vom einstigen Talent aus der Altınordu-Schmiede hat sich Caglar mittlerweile zu einem der besten Verteidiger der Premier League entwickelt. Bei Leicester City gelang ihm in der abgelaufenen Saison der finale Reifeprozess, in die bevorstehende EM geht er womöglich in der Form seines Lebens – bis jetzt. Denn so groß das individuelle Potenzial von Çağlar Söyüncü ist, so nicht minder qualitativ hochwertig liest sich der Rest der türkischen Offensivreihe. Merih Demiral durchläuft bei Juventus – wenn auch (noch) nicht als unumstrittener Stammspieler – einen ähnlichen Reifeprozess wie sein Nebenmann.

Rechts hinten hat sich Zeki Çelik spätestens mit dem Gewinn der französischen Meisterschaft im europäischen Fußball zementiert. Auf der linken Seite droht mit dem weniger bekannten, dafür umso mehr erfahrenen Umut Meras die vielleicht einzige Schwachstelle in der Defensive. Mit dem 20-jährigen Rıdvan Yılmaz von Double-Sieger Beşiktaş bekommt aber nun auch der jahrelang konkurrenzlose Umut Meraş ordentlich Druck, was zu einer nochmaligen Leistungssteigerung führen könnte.

Top-Kräfte auch in der Reserve

Auch wenn die zurückliegende Nations-League-Spielzeit eher als Delle im Entwicklungsprozess der türkischen Nationalmannschaft verbucht werden dürfte, hat insbesondere die zuvor ausgetragene EM-Qualifikation gezeigt, dass die Türkei gefestigt und reif ist. Gerade einmal drei Gegentore kassierten Söyüncü und Co. in den Qualifikationsspielen zum Großturnier in diesem Jahr – der Spitzenwert aller teilnehmenden Mannschaften! Dies dürfte auch daran liegen, dass die "Milli Takım" selbst in der zweiten Defensive-Reihe gut aufgestellt ist: Mit Kaan Ayhan (Sassuolo) und Ozan Kabak (Liverpool) steht weitere internationale Erfahrung auf Reserve, auch Mert Müldür (Sassuolo) hat sich auf höchstem Niveau bereits bewiesen. Die Türkei, die so oft für ihre Exzentriker und Ballkünstler in der Offensive bekannt war, besticht aktuell vor allem mit ihrer Abwehr – für das EM-Turnier ohne Zweifel ein Trumpf!

Foto: imago