Nach dem 4:2 gegen die Niederlande waren die Zeitungen voll von Berichten über Burak Yılmaz – zurecht natürlich. Beim 3:0 gegen Norwegen stand Ozan Tufan im Fokus – ebenfalls nicht unverdient. Der (mit-)entscheidende Spieler in beiden Partien war allerdings mal wieder der Abwehrchef.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Türkei eine bärenstarke Abwehr hat. Prägender Mann während der überzeugenden EM-Qualifikation war Merih Demiral, der am Ende auch in die beste Elf gewählt wurde. Zeki Çelik ist auf dem Weg einer der besten Rechtsverteidiger Europas zu werden und Berichte über Umut Meraş kommen selten ohne die Bemerkung aus, dass der 25-Jährige nur in der zweiten französischen Liga spielt. Dazu kommen mit Ozan Kabak und Kaan Ayhan zwei starke Backups. Alle überragt allerdings der Abwehrchef. Wie wichtig Çağlar Söyüncü für die Nationalelf ist, zeigt sich gerade auch dann, wenn der Mann aus Izmir nicht zur Verfügung steht. Die Nations League verpasste der erst 24-Jährige aufgrund einer Verletzung und von der starken Defensive blieb nicht viel übrig. In den letzten beiden Partien meldete sich der Innenverteidiger allerdings eindrucksvoll zurück.
Vom Bankdrücker zum Leistungsträger
Bereits gegen die Niederlande überzeugte Söyüncü durch starkes Stellungsspiel und gute Tacklings. Sein Meisterstück folgte allerdings im Spiel darauf. Deutsche und norwegische Medien äußern aktuell Kritik an Erling Haaland, da der Stürmerstar gegen die Türkei äußerst blass blieb. Der Hauptgrund ist allerdings nicht die mangelhafte Einstellung des Knipsers, sondern sein Gegenspieler. Gegen Söyüncü kam der Dortmunder nicht zum Zuge und war abgemeldet bis er schließlich nach 83 Minuten entnervt ausgewechselt wurde. In der Zeit hatte der türkische Innenverteidiger allerdings nicht nur defensiv perfekt agiert, sondern vorne auch noch ein Tor beigesteuert.
Söyüncüs Topform ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit und der wohl härtest-möglichen Schule. Woche für Woche trifft der Innenverteidiger in der besten Liga der Welt auf die Topstürmer von Liverpool, Chelsea, Tottenham und den beiden Clubs aus Manchester. Trotz der starken Konkurrenz hält sich sein Club Leicester auf einem beeindruckenden Rang drei und der Türke ist absolut gesetzt. Das war nicht immer so. Nach seinem Wechsel 2018 war Söyüncü außen vor und entwickelte sich erst nach Harry Maguires Abgang zu Manchester United von der Notlösung zum Leistungsträger. Mittlerweile kratzt der 32-fache Nationalspieler an der Weltklasse und könnte im Sommer den nächsten Schritt zu einem absoluten Topteam machen. Vorher gilt sein Fokus allerdings der Türkei. Neben einer starken Qualifikationsrunde will man auch bei der EM auf sich aufmerksam machen. Mit einem Fixpunkt wie Söyüncü stehen die Chancen dafür gar nicht schlecht.
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