Der Traum von der WM ist ausgeträumt. Durch die falsche Taktik, zahlreiche individuelle Fehler und einen verschossenen Elfmeter kurz vor Schluss musste sich die Türkei Portugal geschlagen geben. Zwar gab es in der zweiten Hälfte nach dem Anschlusstreffer kurze Zeit Hoffnung, am Ende waren die Gastgeber aber klar besser.

Stefan Kuntz wählte wie erwartet eine Kontertaktik und stellte mit Söyüncü, Demiral und Kabak gleich drei Innenverteidiger vor Torhüter Çakır auf. Auf den Flügeln sollten Çelik und Kutlu für das nötige Tempo sorgen. Kökçü und Çalhanoğlu bildeten die Doppelsechs hinter den flinken Ünder und Aktürkoğlu sowie Kapitän Yılmaz.

Fernando Santos setzte zwar auf das gewohnte System, überraschte dabei aber personell. Mit Diogo Costa (ein Länderspiel) für Dauerbrenner Rui Patrício (102) gab es einen Wachwechsel im Tor. Davor spielte Sechser Danilo den Ersatzinnenverteidiger neben Fonte. Guerreiro und Dalot besetzten die Flügel und Moutinho gab den einzigen defensiven Mittelfeldspieler. Mit Fernandes, Silva, Jota, Ronaldo und etwas überraschend Otávio liefen dazu gleich fünf offensive Spezialisten auf.

Diese hatten dann auch die erste Riesenchance nach knapp zehn Minuten, Jota jagte den Ball aber nach einem Freistoß aus kürzester Distanz über den Querbalken. Das unerwartet hohe Pressing der Portugiesen setzte die Türkei merklich unter Druck, so dass nahezu jeder Pass von hinten heraus beim Gegner oder im Aus landete. Die Quittung gab es wenige Minuten später: Nach einem Pfostentreffer schaltete Otávio am schnellsten und hämmerte den Abpraller ins Netz (15.). Die Zuordnung der Türken passte nicht nur in dieser Szene überhaupt nicht und so war der Rückstand leider folgerichtig. Kurze Zeit später zeigten die Gäste aber endlich eine Reaktion und kamen durch Kutlu zur ersten Halbchance, der Kökçü noch einen starken Distanzschuss folgen ließ. Nun agierten die Türken deutlich konzentrierter und konnten ordentlich dagegenhalten. Umso härter traf sie daher das nächste Tor. Erneut stimmte die Zuordnung nicht, Otávio konnte eine exakte Flanke über sämtliche Innenverteidiger hinwegschlagen und aus knapp fünf Metern nickte Jota den Ball unhaltbar ein (42.). So ging es mit einem schmerzhaften Rückstand in die Pause.

Hälfte zwei: Schwacher Beginn, Riesenchance vertan

Überraschend verzichtete Stefan Kuntz auf Wechsel und gab seinen elf Startern die Chance, das 0:2 noch zu drehen. Die erste Möglichkeit hatten allerdings erneut die Gastgeber, Çakır war bei einem Fernschuss von Silva aber auf dem Posten. Die Türken zeigten weiterhin teils haarsträubende Patzer und luden Portugal geradezu zum Toreschießen ein. Hinzu kam in dieser Phase eine völlig unverständliche Passivität, die auch auf die Bank überschwappte, wo Kuntz 20 Minuten lang tatenlos blieb. Dann aber schlugen die Gäste aus heiterem Himmel zurück. Yılmaz sicherte den Ball am Strafraumrand, passte auf Ünder und der Flügelspieler spielte perfekt zurück zu seinem Kapitän, der auf 1:2 verkürzte (65.). Mit Ünal für Aktürkoğlu setzte nun auch der Trainer einen Impuls und als dieser verpuffte, schickte er Toköz sowie Yazıcı hinterher. Für die riesige Chance zum Ausgleich sorgten allerdings die Gastgeber: Fonte traf Ünal im Strafraum und nach Ansicht der Videobilder entschied Schiedsrichter Siebert auf Elfmeter. Yılmaz trat an und drosch den Ball über die Latte. Kuntz zog seinen letzten Trumpf und wechselte Kutlu gegen Dursun aus, die Portugiesen veredelten allerdings einen letzten Konter durch den eingewechselten Nunes (90.+4). Damit bewahren sie sich die Chance auf die WM in Katar. Die Türkei ist hingegen insgesamt verdient raus.

Foto: Octavio Passos/Getty Images