Spätestens nach der gestrigen Pokal-Pleite bei Zweitligist Holstein Kiel droht der FC Bayern in eine echte Krise zu rutschen. Jetzt sind sachliche Analysen und das Besinnen auf die eigenen Stärken gefragt, keinesfalls aber blinder Aktionismus – zum Beispiel mit Not-Käufen auf dem Transfermarkt. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb. 

Fußball-Deutschland lacht über den FC Bayern. Der Branchen-Primus wankt und zwar gewaltig: Die enorme Flut an Gegentoren, kombiniert mit der Rückstand-Serie der vergangenen Wochen und der zurückliegenden Niederlage gegen Mönchengladbach in der Bundesliga, gipfelte gestern im Pokal-Aus bei Zweitligist Holstein Kiel. Die Störche vom KSV legten in 120 Minuten alle Schwächen des vor einigen Monaten noch als unschlagbar geltenden Champions-League-Sieger offen und triumphierten letztendlich verdient. Wie sehr die Nerven bei den Bayern blank liegen, offenbarte ausgerechnet der nie um einen Spruch verlegene und selten aus der Fassung zu kriegende Thomas Müller. Beim Interview mit einer ARD-Reporterin fühlte sich der Ur-Bayer bei der Frage, wie denn die aktuelle Stimmung in der FCB-Kabine sei, angegriffen, gar veräppelt und war kurz davor das Interview abzubrechen.

Trotz aller vorherrschenden Negativität, die Thomas Müller als die "mit Sicherheit nicht beste Phase des FC Bayern" beschreibt, gilt es jetzt Ruhe zu bewahren. Stellt man das Pokalspiel – auch wenn es schwer fällt – in den Hintergrund, steht in der Bundesliga weiterhin die Tabellenspitze und in der Champions League das hoch souveräne Vorrücken ins Achtelfinale zu Buche. Die Münchner sind also immer noch dort, wo es der eigene und von Außen herangetragene Anspruch vorsieht: Ganz oben.

Aus der Not heraus getätigte Einkäufe im bis Ende Januar geöffneten Winter-Transferfenster wären deshalb genauso kontraproduktiv wie das weitere Einpreschen auf vermeintliche Sündenböcke wie Marc Roca, Douglas Costa oder Niklas Süle oder auch nur ein Aufkommen von Zweifeln an Trainer Hansi Flick (was in den Kommentarspalten der Sozialen Netzwerke tatsächlich schon ernsthaft aufkeimte). Statt blindem Aktionismus bedarf es jetzt tiefgreifenden Analysen, schonungsloser Aufarbeitung der Fehler und einer Rückbesinnung zum allzeit erfolgsversprechenden "Mia san Mia"-Denken. Auch, wenn die Pokal-Pleite als vorläufiger Tiefpunkt der schleichenden Bayern-Krise festzuhalten ist.

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