Im Vergleich zu den medial äußert hochgekochten Personalien Alaba und Boateng ist der nun auch offiziell verkündete Abgang von Javi Martínez auffällig leise. Der 32-Jährige war schon seit längerer Zeit nicht mehr erste Wahl und eine Verlängerung seines Vertrags galt praktisch als ausgeschlossen. Trotzdem ergibt sich jetzt eine zweite Großbaustelle.
Bereits seit 2012 steht der ehemals teuerste Spieler der Bundesliga in München unter Vertrag. Im Fußball ist das eine halbe Ewigkeit. Es passt aber auch zu Martínez, der immer ein wenig im Hintergrund steht, ohne großes Aufheben seine Arbeit verrichtet und ansonsten dafür sorgt, dass seine Mitspieler glänzen können. Trotzdem oder gerade deswegen spielte der Baske über viele Jahre eine so große Rolle im Mittelfeld des Rekordmeisters und war lange Zeit nicht aus der Startelf wegzudenken. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Martínez hatte einen Stammplatz auf der Bank. Das Duo Kimmich und Goretzka ist in der Zentrale gesetzt, mit Marc Roca und Corentin Tolisso gibt es dazu zwei jüngere und spritzigere Konkurrenten, auch wenn der spanische Routinier noch oft den Vorzug vor ihnen erhält. Zuletzt half dazu David Alaba auf seiner Lieblingsposition aus. Dass Martínez geht, ist also nicht nur verständlich, sondern war auch genau so abzusehen. Eine Lücke hinterlässt er trotzdem. Und das nicht nur menschlich.
Nur lose Spuren zu möglichen Nachfolgern
Klar ist dadurch nämlich, dass die Münchener im Mittelfeld nachlegen müssen und werden. Zwar ist die Erstbesetzung mit den beiden deutschen Nationalspielern gegen jeden Zweifel erhaben, dahinter wird es allerdings eng. Tolisso ist sehr verletzungsanfällig und wird immer wieder mit einem Wechsel in Verbindung gebracht, Roca konnte seine Klasse bisher noch nicht dauerhaft unter Beweis stellen und der junge Tiago Dantas galt als Flicks Wunschspieler und wird wohl nach Lissabon zurückkehren. Mindestens ein Hochkaräter soll also kommen. Die Frage ist – gerade in Corona-Zeiten – wer dafür in Frage kommt.
Die ganz große Lösung wäre Eduardo Camavinga. Der 18-Jährige von Stade Rennes gilt als eines der größten Talente des Weltfußballs und ist trotz seines Alters ein Komplettpaket im Mittelfeld. Er überzeugt auf jeder Position in der Zentrale, ist bereits A-Nationalspieler und wird eben deswegen mit den ganz großen Klubs in Verbindung gebracht. Insbesondere Real Madrid gilt als interessiert und 50 Millionen Euro wären wohl das Mindestgebot. Der zweite bekannte Name, der immer wieder in München gehandelt wird, ist Florian Neuhaus. Beim Gladbacher sieht es aktuell allerdings nach einem Verbleib am Niederrhein aus, weshalb nun ein weitaus unbekannterer Spieler in den Fokus gerückt sein soll. Der 23-jährige Teun Koopmeiners ist Kapitän der niederländischen U21-Nationalmannschaft und seines Jugendvereins AZ Alkmaar. Beim Tabellendritten kommt der Achter auf beeindruckende 15 Tore und fünf Vorlagen. Ein Abschied im Sommer gilt als sicher, günstig wird Koopmeiners allerdings ebenfalls nicht und andere Vereine haben die Angel auch schon ausgeworfen.
Wen die Bayern am Ende also aus dem Hut zaubern, ist derzeit noch völlig ungewiss. Klar ist allerdings, dass nicht nur die Abwehr in der nächsten Saison runderneuert wird. Auch im Mittelfeld muss sich etwas tun.
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