Nachdem man sich bereits der Türkei in Berlin mit 3:2 geschlagen geben musste, kam im Wien nun mit einem 0:2 der nächste Nackenschlag hinzu. Auch unabhängig von der Roten Karte für Leroy Sané war es über weite Strecken ein sehr schwacher Auftritt von Nagelsmanns Jungs. Die deutsche Nationalmannschaft in der Einzelbewertung: 

Kevin Trapp: Der einzige Deutsche, der an diesem Abend einen wirklich positiven Eindruck hinterlassen konnte, war der Frankfurter Kevin Trapp, für den es wohl um nicht mehr gehen wird als den Posten des dritten Türhüters bei der Heim-EM. Bei beiden Gegentoren war der 33-Jährige machtlos und sorgte im Gegenteil mit noch einigen starken Paraden dafür, dass es für die DFB-Elf nicht noch dicker kam. (Note: 3)

Antonio Rüdiger: Im Zweikampfverhalten zwar eine Bank, ließ sich der 30-Jährige dennoch oftmals zu leicht überspielen und hatte keine gute Kommunikation mit seinem Nebenmann Mats Hummels, was den Österreichern in der Offensive erstaunliche Räume ermöglichte. (Note: 5)

Mats Hummels: Dass der Dortmunder nicht der Allerschnellste ist, wird bereits seit Jahren kritisiert, doch selten war dieser Umstand so evident wie an diesem Abend. Viel zu leicht ließ sich Hummels überspielen und hatte im Laufduell mit Michael Gregoritsch und Christoph Baumgart arge Probleme. Seiner Aufgabe, das Defensivspiel der deutschen Mannschaft zu ordnen, kam der 35-Jährige nur selten erfolgreich nach. In der zweiten Halbzeit machte er seine Sache zwar besser, insgesamt war es aber ein schwacher Auftritt. (Note: 5)

Jonathan Tah: Zwar sichtlich bemüht, gelang dem Leverkusener nur wenig und besonders im Eins-gegen-Eins machte er zu häufig einen schwachen Eindruck. Dies fiel besonders beim 0:1 durch Marcel Sabitzer auf, als Tah nicht nahe genug am Gegner blieb, den direkten Zweikampf mied und beim Abschluss selbst zu sehr aufmachte, sodass Sabitzer den Ball für Trapp unhaltbar im flachen Eck platzieren konnte. Auch Tah wirkte in der zweiten Halbzeit etwas stabiler, was allerdings nicht bedeutet, dass er souverän agierte. (Note: 4)

Kai Havertz: Erneut auf der linken Schiene aufgestellt, machte es der Arsenal-Profi vor allem im Spiel gegen den Ball merklich besser als noch gegen die Türkei, als er noch etwas unglücklich wirkte. Offensiv jedoch konnte Havertz kaum Akzente setzen, wobei es genau das war, was sich Trainer Julian Nagelsmann von ihm erhofft hatte. Nach der Roten Karte für Leroy Sané in der 49. Spielminute, durfte der 24-Jährige vorne rechts agieren, wobei er noch der auffälligste Deutsche im Spiel nach vorne war. Nach 77 Minuten war allerdings Schluss und für Havertz kam Marvin Ducksch zu seinem zweiten Länderspiel. (Note: 3)

Leon Goretzka: Auch wenn Goretzka in der ersten Halbzeit durch seinen Einsatzwillen noch zu den besten Deutschen gehörte, heißt das nicht viel, war die erste Hälfte von der DFB-Elf doch spielerisch ein wahres Armutszeugnis. Nach hinten machte der Münchner seine Sache im Vergleich zu seinen Mitspielern zwar ganz ordentlich, nach vorne aber ging gar nichts. In der 61. Spielminute wurde er dann gegen Debütant Robert Andrich ausgewechselt. (Note: 4)

İlkay Gündoğan (c): Nach seiner Ernennung zu DFB-Kapitän hatte İlkay Gündoğan zwar meist zu den besten Deutschen auf dem Platz gehört, in diesem Spiel jedoch ging der Triple-Gewinner von 2023 komplett unter. Sowohl defensiv als auch offensiv gelang dem 33-Jährigen praktisch gar nichts und auch als Führungspersönlichkeit – besonders nach dem Platzverweis – blieb Gündoğan komplett blass. Seine Auswechslung für Joshua Kimmich in der 61. Spielminute war nur folgerichtig. (Note: 5)

Julian Brandt: Heute mal über rechts, sollte Brandt ein spielerisch bereicherndes Element im Spiel der deutschen Nationalmannschaft sein, konnte dies aber nur selten zeigen. Zeigte man mal spielerische Ansätze, war der Dortmunder zwar meist involviert, weiter als bis zum Strafraumrand ging es aber nie wirklich. Von diesen Ansätzen abgesehen, tauchte auch Julian Brandt komplett ab. Nach 53 Minuten wurde er dann durch Benjamin Henrichs ersetzt, der für mehr defensive Stabilität sorgen sollte. (Note: 4)

Serge Gnabry: Oft wurde der Münchner in der Vergangenheit kritisiert, dass er keinen Einsatz zeigen würde. In diesem Spiel war er jedoch auf deutscher Seite einer der wenigen, der zumindest hin und wieder Anflüge von Kampfgeist zeigte. Dennoch sollte auch Gnabry spielerisch nichts Großartiges gelingen, war doch das deutsche Offensivspiel vor allem in der ersten Halbzeit sehr schwach. In der 61. Spielminute war dann auch für den 28-Jährigen Schluss und für ihn kam Youngster Florian Wirtz ins Spiel. (Note: 4)

Leroy Sané: Eigentlich hatte Sané in den letzten Monaten einen echten Lauf: Bei den Bayern ist der Flügelstürmer über einen längeren Zeitraum so gut wie wahrscheinlich noch nie und seit der Entlassung von Bundestrainer Hansi Flick gehörte Leroy Sané Positiverscheinungen der deutschen Nationalmannschaft. In diesem Spiel war davon gar nichts zu sehen. In der ersten Halbzeit hatte der 27-Jährige eine oder zwei ganz gute Dribblingaktionen, die aber nichts einbrachten und zu Beginn der zweiten Halbzeit erhielt er nach einer Tätlichkeit völlig zurecht die Rote Karte, womit er seiner Mannschaft sowohl numerisch als auch psychologisch einen wahren Bärendienst erwies. Bei der nächsten Länderspielreise wird Sané also aussetzen müssen. (Note: 6)

Niclas Füllkrug: In der deutschen Nationalmannschaft hat der Neudortmunder mit seinen zehn Treffern aus den vorherigen 12 Einsätzen eine großartige Torquote, doch heute sollte kein Treffer hinzukommen. Tatsächlich fiel der deutschen Mannschaft nach vorne erschreckend wenig ein und auch Füllkrug konnte seine gewohnte Torgefahr zu keiner Sekunde zeigen. Im Spiel gegen den Ball war er zwar bemüht und ließ sich zur Absicherung auch auf die Flügel fallen, doch gerade im Gegenpressing fehlte es Füllkrug am richtigen Gespür. Zur Pause wurde er auch genau deshalb durch Thomas Müller ersetzt, dessen Stärken mehr im Anlaufen der Gegner liegen als Füllkrugs. (Note: 4)

Thomas Müller (ab 46.): Zur Pause für Niclas Füllkrug gekommen, sollte er das deutsche Gegenpressing vorne mehr anschieben und machte dies auch besser als der Ausgewechselte. Offensiv jedoch konnte der Münchner nicht allzu viel initiieren, musste man sich nach dem Platzverweis für Sané vor allem aufs Verteidigen konzentrieren. Dennoch versuchte Müller hier und da Nadelstiche zu setzen, sei es durch einen Weitschuss oder durch einen Doppelpass. Von Erfolg gekrönt war aber keine dieser Aktionen. (Note: 3)

Benjamin Henrichs (ab 53.): Als Einwechslung für Julian Brandt sollte Henrichs nach der Roten Karte hinten für mehr Stabilität sorgen. Insgesamt blieb der Leipziger dabei unauffällig. Zwar hatte Henrichs ab und an auch Probleme mit seinen Gegenspielern und kam häufiger nicht rechtzeitig hinterher, blieb in den direkten Zweikämpfen aber meist stabil. (Note: 4)

Robert Andrich (ab 61.): Zusammen mit Joshua Kimmich sollte Andrich eine neue und defensiver ausgerichtete Doppelsechs bilden. Für den 29-Jährigen war es auch gleichzeitig sein Länderspieldebüt für die deutsche A-Nationalmannschaft. Andrich fiel durch seine Giftigkeit und seinen offensichtlichen Frust über das deutsche Spiel auf, durch den er versuchte, seine Mitspieler anzupeitschen, was stellenweise auch gelang. Spielerisch allerdings konnte der Leverkusener keinen großen Mehrwert bieten, wenngleich er viele Wege machte und oft anspielbar war. (Note: 3)

Joshua Kimmich (ab 61.): Die zweite Hälfte der neuen Doppelsechs sollte den spielerischen Part übernehmen und die deutsche Offensive beleben. Dies gelang tatsächlich aber erst ab der Schlussphase allmählich. Vorher hatte Kimmich mit dem körperbetonten Spiel der Österreicher und sah in den Zweikämpfen sehr schwach aus. (Note: 4)

Florian Wirtz (ab 61.): Für Serge Gnabry gekommen, sollte Florian Wirtz für mehr spielerische Finesse sorgen, wie er es im Verein bei Leverkusen regelmäßig zeigt. Durch die numerische Unterzahl der Deutschen, kam die Offensive aber nur selten über Ansätze hinaus. Wenn es aber Ansätze gab, war Wirtz eigentlich immer direkt oder indirekt beteiligt. Dennoch ließ sich der 20-Jährige vom robusten Auftreten der Österreicher mehrfach den Schneid abkaufen. (Note: 4)

Marvin Ducksch (ab 77.): In seinem zweiten Länderspieleinsatz war von Marvin Ducksch fast genauso viel zu sehen, wie bei seinem Einsatz gegen die Türkei: Nämlich gar nichts. Da es aber ganze sechs Minuten Nachspielzeit gab, hatte der Bremer dennoch knapp 20 Minuten, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken, war aber insgesamt nur dreimal am Ball. Dies lag zwar auch an der schwachen Offensive der Deutschen, großer Einsatz war vom 29-Jährigen dennoch nicht zu sehen. (Note: 5)

Foto: Alexander Hassenstein / Getty Images