Es kam wie es kommen musste. Der kommerzielle Profifußball hat keinen Platz mehr für nicht-elitäre Namen. Selbst die FIFA und UEFA, neuerdings präsent wie eine Koalition, sind wie es aussieht machtlos, weil eine Investmentbank pragmatisch agiert und nicht nur wegen den Milliarden im Vorteil ist. Ein Kommentar von LIGABlatt-Chefredakteur Fatih Şenel.
Fußballfans wie ich haben es mit der FIFA und UEFA ehrlicherweise satt. Die nervigen Turnier-Reformen, immer wieder neue Versuche das Spiel mit Regeländerungen attraktiver zu gestalten, stoßen bei vielen Fans auf Kopfschütteln. Geld regiert nach wie vor unsere Welt, auch wenn kapitalfeindliche Romantiker es gerne anders hätten. Vermögende Milliardäre wollen den Fußball nach ihrem Geschmack umgestalten, Abermillionen Fans nur mit Top-Duellen fesseln und natürlich damit Gewinne erwirtschaften. Dabei soll niemand ihr Werk regulieren oder anderweitig stören. Die Pläne einer Super League gibt es eigentlich seit Jahrzehnten. Bis dato mangelte es an einem megastarken Mäzen, der die Klubs gegen die FIFA und UEFA aufbringen konnte. Heute ist es soweit. Wir sprechen von einer Bewegung, die es versteht, die mächtigen Verbände mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Da hilft auch kein nachträglicher CL-Reform oder die neu erschaffene Looser-Attraktion Conference League. Selbst die Nations League ist eine Lachnummer. Die UEFA hat mit Čeferin als Dirigent schlecht gepokert, mit irrsinnigen Ideen auf Quantität gesetzt und das ohnehin enge Fußball-Kalenderjahr mit Mogelpackungen befüllt.
Eine Art Eliteliga hätte die UEFA initiieren können. Dumm nur, dass man jetzt wie verrückt den 12 Gründern droht, die nun unter Obhut des gnadenlosen Finanzsektors stehen. Es hat noch keiner gegen diese Großbanken gewonnen – meine Herren! Mit "JPMorgan" steht erst noch die Basis der Super League.
Meine Empfehlung: Die vermeintliche paneuropäische UEFA-Brille ist unverzüglich abzunehmen. Die Einheit im europäischen Fußball ist längst nur noch dann zu erhalten, wenn dafür die monetäre Entschädigung stimmt. Das ist wohl nicht mehr der Fall. So hätte die UEFA mit den "rebellischen" Klubs und dem Rest der Teilnehmer weit vor dem Gründungsschritt einer Super League weitreichende Absichtserklärungen für die Zukunft oder konkrete Verträge aushandeln können. Die Klubs haben also für sich den Entschluss gefasst, autonom zu sein. Die Maßregelung mittels des Instruments Financial Fairplay will man nicht länger ertragen und möchte nur in der Komfortzone verkehren.
Die Idee und Umsetzung einer milliardenschweren Super League ist für uns Fußballromantiker zugegeben eine nicht anwendbare Tragödie. Aber wir Zuschauer sind die Mitbegründer derart pervertierter Konstrukte. So suchen und finden gierige Geldgeber immer konsumfreudige Abnehmer für ihr Luxusprodukt. In einer Welt, in der Echtheitszertifikate von Tweets gekoppelt an Kryptowährungen hochgepriesen werden, sollte uns die Super League nicht all zu verwundern. Wir sind alle selber schuld! Soviel Wertschätzung verdient die Fußballwelt schlichtweg nicht mehr.
Der finale Passus des Kommentars ist an die türkischen Klubs gerichtet. Warum sollte die Initiative Super League gerade Galatasaray, Beşiktaş oder Fenerbahçe als Wild Card-Teilnehmer einladen? Weil 25 bis 30 Millionen Fans genug sind? Wohl kaum. Alle zwölf Mitbegründer amüsieren weltweit mehrere hundert Millionen Fans und setzen dabei horrende Summen um. Die Hybris der "Löwen" – nur weil man mal den UEFA-Pokal emporgehoben hat – ist leider auch im Jahr 2021 nicht vergänglich. Man glaubt, diesem elitären Kreis zugehörig zu sein. Den Pokal mit dem Prädikat "Tier-2" hat der FC Sevilla sechsmal geholt und muss vor der Türe bleiben. Ist man etwa in Istanbul größer und famoser als Sevilla?
Die 12 "rebellischen" Gründer
FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, den FC Arsenal, den FC Chelsea, Real Madrid, Atlético Madrid, den FC Barcelona, Juventus Turin, Inter Mailand und die AC Mailand