Nach dem sehr überzeugenden 2:0 gegen Frankreich, konnte die DFB-Elf nun mit einem 2:1 auch den zweiten Sieg im zweiten Länderspiel 2024 einheimsen. In diesem Spiel zeigte das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann Charakter und kam nach einem frühen Rückstand zurück ins Spiel und konnte tatsächlich noch wenige Minuten vor Schluss den Siegtreffer erzielen. Die Leistungen aller deutschen Nationalspieler an diesem Abend erfahrt ihr in unserer Einzelkritik.
Marc-André ter Stegen:
Für den Barcelona-Keeper begann die Partie denkbar schlecht: Nach nicht einmal vier gespielten Minuten musste der 31-Jährige bereits hinter sich greifen als Joey Veerman einen schönen Lupfer von Memphis Depay direkt verwertete. Dabei wurde man das Gefühl nicht los, dass ter Stegen diesen Ball an einem guten Tag vielleicht auch hätte parieren können. Hierauf folgten zwei, drei kleinere Unsicherheiten, ehe die "beste Nummer zwei der Welt" besser ins Spiel fand. Kurz vor Ende entschärfte er noch einige Situationen und hielt mit seinen Paraden den Sieg fest. (Note: 2,5)
Maximilian Mittelstädt:
Der Stuttgarter hatte einen sehr unglücklichen Auftakt zu seinem zweiten Länderspiel, als infolge seines verunglückten Rückpasses die Niederlande das frühe 0:1 aus deutscher Sicht erzielten. Der 27-Jährige machte seinen Patzer aber schnell wieder gut, als er in der 11. Spielminute per Traumtor aus knapp 20 Metern Torentfernung den Ausgleich erzielte. Anschließend zeigte Mittelstädt eine sehr reife Leistung bewies, dass der Stuttgarter für die EM hinten links eine ernsthafte Option sein könnte. In der 79. Spielminute wurde er dann durch David Raum ersetzt. (Note: 2,5)
Jonathan Tah:
Die Leistung des Leverkuseners an diesem Abend war fast deckungsgleich mit der beim Sieg über Frankreich wenige Tage zuvor. Sehr unaufgeregt und physisch stabil strahlte der 28-Jährige Ruhe und Stabilität aus, weshalb er auch zur Beruhigung des Spiels immer wieder gesucht wurde. Beim 0:1 wirkte Tah etwas unglücklich, als er dem missglückten Rückpass von Mittelstädt nur hinterherlaufen konnte, trug hieran aber keine Schuld. Zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte der gebürtige Hamburger ein paar Probleme, die quirligen Offensivspieler der Niederländer im Griff zu behalten, kam aber letztlich wieder besser in die Partie und hatte seinen Anteil daran, dass die Gäste ihr Offensivpotenzial nicht voll entfalten konnten. (Note: 2,5)
Antonia Rüdiger:
Als Partner von Jonathan Tah war Rüdiger für die etwas mutigeren Aktionen verantwortlich, indem er mit dem Ball auch mal einige Schritte nach vorne wagte. Zwar konnte der 31-Jährige so für Überzahlsituationen im Mittelfeld sorgen, kam aber gegen die schnellen Niederländer zuweilen etwas spät in die Zweikämpfe, was vor allem in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit für Gefahr sorgte. Dennoch stabilisierten sich Rüdigers Leistungen nach hinten hinaus wieder. (Note: 2,5)
Joshua Kimmich:
Nachdem er schon gegen Frankreich eine tolle Partie als Rechtsverteidiger machte, bestätigte der Münchner auch an diesem Abend, dass diese Rolle durchaus annehmen kann. Zwar hat Kimmich weiterhin Tempo-Defizite gegenüber schnellen Gegenspielern, so auch heute, wusste diese aber meist durch ein gutes Stellungsspiel wett zu machen. Im deutschen Spielaufbau wusste der 29-Jährige zudem mit Ruhe und Präzision im Passspiel zu überzeugen. Nach 79 Minuten war dann Schluss und für ihn kam Benjamin Henrichs in die Partie. (Note: 2)
Toni Kroos:
Nach seiner Gala-Leistung gegen Frankreich sollte der Routinier von Real Madrid erneut beweisen, dass es offenbar doch die richtige Entscheidung von Julian Nagelsmann war, Kroos von der Rückkehr in die deutsche Nationalmannschaft zu überzeugen. Als Metronom im Mittelfeld verteilte Kroos viele Pässe und leitete auch einige Offensivaktionen ein. Seine Standards blieben zudem eine Waffe, was sich besonders daran zeigte, als der 34-Jährige in der 85. Spielminute per Ecke den 2:1-Siegtreffer durch Niclas Füllkrug vorbereitete. Neben seiner Passqualitäten zeigte Kroos auch durch Zweikampfhärte im Mittelfeld für Präsenz. (Note: 1,5)
Robert Andrich:
Der defensivere Part der Doppelsechs Kroos-Andrich konnte ebenfalls nahtlos an seine gute Leistung aus dem Frankreichspiel anknüpfen, indem er viele Zweikämpfe führte, von denen er die meisten gewann. Zudem konnte er durch sein gutes Stellungsspiel gleich mehrere Angriffe der Gäste im Keim ersticken. Zudem strahlte der Leverkusener eine enorme Ruhe aus und konnte 100 Prozent (!) seiner 48 Pässe zum Mitspieler befördern. Da Andrich zu Beginn der zweiten Hälfte in der stärksten Phase der Niederländer eine Gelbe Karte kassierte, wurde er bereits nach 59 gespielten Minuten durch Pascal Groß ersetzt. (Note: 2)
Florian Wirtz:
Die überragende Leistung gegen Frankreich konnte der 20-Jährige zwar nicht ganz konservieren, dennoch machte er an diesem Abend ein richtig gutes Spiel. Durch eine enorme Variabilität in seinen Bewegungsabläufen, pointierten Sprints und raffinierte Pässe ging stets eine gewisse Gefahr von ihm aus. Darüber hinaus bewies der Leverkusener eine gewisse Zweikampfhärte und fiel auch durch seine Bereitschaft aus, nach zu arbeiten. In der 73. Spielminute kam dann Thomas Müller für ihn ins Spiel. (Note: 2)
İlkay Gündoğan:
Beim tollen Sieg über Frankreich war der deutsche Kapitän einer der wenigen deutschen Spielern, dessen Leistung durchaus kritisiert wurde. An diesem Abend machte der 33-Jährige in der ersten Halbzeit seine Sache eindeutig besser, zeigte allerdings insgesamt eine sehr unauffällige Partie, was bis zu einem gewissen Teil auch seiner Rolle geschuldet sein mag, in der er vor allem seinen Mitspielern Wirtz, Musiala und Havertz frei machte. Am Ball unaufgeregt und gegen den Ball stark im Anlaufen zeigte sich Gündoğan vor allem als fleißiges Arbeitstier. In der zweiten Halbzeit tauchte der Barcelona-Spieler allerdings deutlich ab und versäumte es, seine Gegner am Spielaufbau zu hindern oder auch das eigene Offensivspiel zu beleben. Um vorne eben für mehr Schwung zu sorgen, brachte Julian Nagelsmann in der 59. Spielminute den dribbelstarken Chris Führich für İlkay Gündoğan ins Spiel. (Note: 3)
Jamal Musiala:
Der Münchner machte an diesem Abend eindeutig die unglücklichste Figur auf dem Platz, nicht vielleicht, weil er besonders schlecht gewesen wäre, tatsächlich sorgten Musialas Dribblings und Offensivläufe für viel Gefahr, außerdem bereitete er das 1:1 durch Maximilian Mittelstädt vor, allerdings schien der 21-Jährige ein Privatduell mit dem Frankfurter Geläuf zu führen, ein Duell, dass der Dribbelkünstler eindeutig verlor. So oft wie kein anderer rutschte Musiala weg, was ihm mehr als nur einmal die Chance auf einen gefährlichen Abschluss nahm. Ansonsten fiel auf, dass es "Bambi" im DFB-Dress noch etwas an Mut fehlt, da er etwas zu oft den Nebenspieler suchte, anstatt in aussichtsreicher Position selbst abzuschließen. Insgesamt fiel Musiala aber durch seinen Einsatz, seinen Fleiß, sein Wille, auch dorthin zu gehen, wo es wehtut, und durch seine Offensivbemühungen auf. Trifft Jamal Musiala jetzt noch häufiger die richtige Entscheidung im Angriff und schafft es zudem auch mal, stehen zu bleiben, ist er schlicht und einfach nicht zu verteidigen, das bewies er auch heute. (Note: 2)
Kai Havertz:
Der Arsenal-Kicker hatte nicht seinen besten Abend. Zwar versuchte er durch viele Läufe, seinen Mitspielern Räume zu bereiten, das machte er auch ganz gut, jedoch schaffte es der 24-Jährige nicht, auch am Ball für Gefahr zu sorgen. Vor dem Tor kam er nur selten in aussichtsreiche Position und wenn, dann fehlte es ihm etwas an Kaltschnäuzigkeit. Dennoch machte er vor allem gegen den Ball eine ordentliche Partie und verwickelte seine Gegenspieler in viele Zweikämpfe, wodurch er den einen oder anderen Angriff der Niederländer ausbremste. Insgesamt aber schaffte es Havertz nicht, dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Nach 73 Spielminuten war dann Schluss und für Londoner kam Niclas Füllkrug in die Partie. (Note: 3)
Pascal Groß (ab 59. Spielminute):
Für Robert Andrich in die Partie gekommen, machte der Brighton-Profi eine unaufgeregte Partie und schloss sich insgesamt der Leistung des ausgewechselten Leverkuseners an. Trotzdem gelang es Groß nicht ganz, die Präsenz von Robert Andrich zu konservieren. Insgesamt aber eine sehr ordentliche Leistung. (Note: 2,5)
Chris Führich (ab 59. Spielminute):
Den offensiven Mehrwehrt, den İlkay Gündoğan nicht liefern konnte, brachte dafür stellenweise Chris Führich in die Partie. Erfrischend unbekümmert ging der Stuttgarter ins Dribbling, ackerte auf seiner linken Seite fiel und war sich nicht zu Schade, in die Zweikämpfe zu gehen. Die meisten Angriffe in der Schlussphase gingen über den 26-Jährigen, wodurch der Druck auf die Niederlande immer größer wurde und letztendlich auch der verdiente Siegtreffer erzielt werden konnte. (Note: 2)
Thomas Müller (ab 73. Spielminute):
Der Routinier sollte in der Schlussphase durch seine Erfahrung und seine kommunikativen Fähigkeiten noch einmal für Druck in der Offensive sorgen, so zumindest der vermeintliche Plan des Bundestrainers. Tatsächlich blieb Müller relativ blass und fiel nur selten durch kreative Ideen auf. (Note: 3,5)
Niclas Füllkrug (ab 73. Spielminute):
Da es Kai Havertz nicht gelang, aktiv für Torgefahr zu sorgen, sollte Niclas Füllkrug durch seine Physis und seine Knipserqualitäten noch einmal für den finalen Punch sorgen. Genau dieser Gedanke ging auch auf, als Niclas Füllkrug sich in der 85. Spielminute nach einer Ecke unter großer Bedrängnis durchsetzen konnte und den Ball mit der Schulter über die Linie drückte. So gesehen machte Füllkrug genau das, was ein Stürmer machen sollte. Darüber hinaus ging der Dortmunder auch Zweikämpfen nicht aus dem Weg und wusste seine Gegenspieler so zu ärgern. (Note: 2)
David Raum (ab 79. Spielminute):
Für den auffälligen aber inzwischen müden Mittelstädt in die Partie gekommen, sollte der Leipziger diesen eins zu eins ersetzen. Mehrmals beteiligte er sich an deutschen Angriffen und hinterlief seine Mitspieler, was zusätzliche Räume öffnete, ins Spiel einbezogen wurde er aber nur selten, weshalb sein Einfluss auf das Spiel überschaubar blieb. (Note: 3)
Benjamin Henrichs (ab 79. Spielminute):
Als Ersatz für Joshua Kimmich sollte Henrichs zusammen mit seinem Leipziger Mannschaftskollegen David Raum die Außenverteidigung neu besetzen. Ähnlich wie Raum fiel Henrichs vor allem durch Fleiß auf und konnte noch einige wichtige Bälle erobern. Gestalterisch konnte der 27-Jährige aber nur wenig beitragen. (Note: 3)
Foto: Stuart Franklin / Getty Images