Im ersten Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft im Heim-EM-Jahr 2024 konnte das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann in Lyon gegen EM-Favoriten Frankreich einen hochverdienten 2:0-Sieg einfahren. Über dem Spiel selbst thronte das Comeback von Weltmeister Toni Kroos ins DFB-Trikot. Wie sich der Rückkehrer sowie all seine Mannschaftskollegen gegen Frankreich geschlagen haben erfahrt ihr in unserer Einzelbewertung.
Marc-André ter Stegen:
Die vielleicht beste Nummer zwei der Welt bewies auch in diesem Spiel, was für ein starker Rückhalt er zwischen den Pfosten sein kann. Mit einer guten Reaktion verhinderte der Barcelona-Keeper in der ersten Hälfte den Ausgleich durch Kylian Mbappé und konnte auch ein einigen anderen Situation seine Klasse auf der Linie beweisen. Lediglich im Spielaufbau zeigte der Torhüter einige Schwächen. (Note: 2)
Maximilian Mittelstädt:
Der Debütant aus Stuttgart hatte an diesem Abend die undankbare Aufgabe, Ousmane Dembélé zu bewachen, was selbst für die besten Linksverteidiger der Welt eine herkulische Heldentat wäre. Man merkte zwar, dass Mittelstädt das Performen auf einem solch hohen internationalen Niveau nicht gewohnt war, weshalb er gerade in der ersten Halbzeit seine Schwierigkeiten hatte. In der zweiten Hälfte fand der Stuttgarter allerdings immer besser ins Spiel und wirkte stabil. In der 79. Spielminute hätte er fast das vorentscheidende 3:0 erzielt, nur neun Minuten später allerdings beinahe auch ein Eigentor, das Antonio Rüder im Duett mit dem Querbalken geradeso verhindern konnte. (Note: 2,5)
Jonathan Tah:
Das größte Kompliment, das man einem Innenverteidiger machen kann, ist, dass er unauffällig gespielt hätte. Auf den Leverkusener trifft ebendies zu. Unaufgeregt blockte er viele Gegenspieler weg, lief lange Bälle in die Spitze ab und machte im Spielaufbau keine Fehler. In unübersichtlichen Situationen verlor 27-Jährige den Ball allerdings auch mal aus den Augen. Kurz vor Schluss hatte er im Zweikampf gegen Olivier Giroud zwar das Nachsehen, doch der französische Rekordtorjäger verfehlte allerdings den deutschen Kasten. (Note: 2,5)
Antonio Rüdiger:
Auf den Real-Innenverteidiger trifft im Prinzip die gleiche Bewertung zu wie auf seinem Partner in der zentralen Defensive. War der 31-Jährige nicht am Ball, ordnete er durch klare Kommandos die deutsche Defensive und präsentierte sich als Leader. In der 88. Spielminute verhinderte Rüdiger mit einer spektakulären Rettungstat das 1:2, als Maximilian Mittelstädt den Ball unglücklich über die eigene Torlinie zu stolpern drohte, indem Rüdiger das Spielgerät in letzter Sekunde an den eigenen Querbalken ballerte. (Note: 2)
Joshua Kimmich:
Lange wurde in Deutschland diskutiert, ob Joshua Kimmich denn ein guter Rechtsverteidiger wäre oder ob der Bayern-Profi überhaupt die Bereitschaft zeigen würde, auf der ungeliebten Position rechts hinten zu spielen. Seinen Kritikern konnte der 29-Jährige heute beweisen, dass er das sehr wohl kann. Zwar hatte Kimmich mit dem Tempo Mbappés seine Probleme – das hätte allerdings wohl so ziemlich jeder andere auch – im direkten Zweikampfverhalten jedoch kochte der Münchner den Pariser regelmäßig und machte seine Sache sehr gut. Im Spielaufbau bot sich der eigentliche Mittelfeldspieler häufig an und bewies auch im Spiel mit dem Ball seine Qualitäten. (Note: 2)
Toni Kroos:
Auf dem Rückkehrer waren wohl die meisten kritischen Augen gerichtet und bereits nach Sekunden zeigte die Vereinslegende von Real Madrid, was für einen Mehrwert er seiner Mannschaft bieten kann, indem er das 1:0 durch Florian Wirtz nach gerade einmal acht Sekunden durch einen cleveren Spielzug vorbereitete. Auch nach der Führung zeigte sich der Achter als Herz der deutschen Mannschaft, indem er mit derer 143 die mit Abstand meisten Ballkontakte hatte und eine geradezu lächerlich hohe Passgenauigkeit von 95 Prozent erreichte. Zudem bewies der der Rückkehrer eine tolle Zweikampfquote und zeigte durch die Bank seine Führungsqualitäten, ehe er in der 90. Spielminute durch Waldemar Anton ersetzt wurde. (Note: 1)
Robert Andrich:
Der Leverkusener zeigte an diesem Abend, dass er tatsächlich genau der defensive Mittelfeld-Part sein könnte, nach dem die deutsche Nationalmannschaft lange sucht. Eklig in den Zweikämpfen, laufstark und unaufgeregt machte der 29-Jährige seine Sache richtig gut und hielt Toni Kross und İlkay Gündoğan im Mittelfeld den Rücken frei. (Note: 2)
Florian Wirtz:
Der jüngste deutsche Spieler auf dem Platz machte sein bislang wohl stärkstes Länderspiel. Nach gerade einmal acht Sekunden erzielte der offensive Mittelfeldmann mit einem tollen Fernschuss das rasante 1:0 für die Deutschen. Aber auch danach zeigte sich Wirtz quirlig und bewies mit cleveren Pässen seine Spielmacherqualitäten, die er auch bei Bayer Leverkusen regelmäßig auf den Platz bringt. So leitete Wirtz in der 49. Spielminute durch einen überragenden Pass in die Spitze auf Jamal Musiala das 2:0 ein. Nach 72 gespielten Minuten durfte sich Florian Wirtz seinen verdienten Applaus abholen und wurde durch Chris Führich ersetzt. (Note: 1)
İlkay Gündoğan:
Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wurde an diesem Abend durch seine auffälligeren Mitspieler Wirtz, Musiala, Kroos und Andrich im Mittelfeld etwas in den Schatten gestellt und machte keine wirklich auffällige Partie. Dennoch machte Gündoğan kein schlechtes Spiel, denn vor allem durch seine Ruhe am Ball und seine Beweglichkeit im Mittelfeld trug der 33-Jährige dazu bei, dass die Deutschen durch Ballstafetten die Franzosen lange Zeit aus dem Spiel nehmen konnten. Nach 72 Minuten war dann allerdings Schluss und Thomas Müller kam ins Spiel. (Note: 3)
Jamal Musiala:
Der kongeniale Partner von Florian Wirtz auf den deutschen Flügel bestach durch seine Unbekümmertheit und seine Dribblings. Mit vielen und genauen Pässen sorgte der 21-Jährige für ein kontrolliertes Spiel der Deutschen und initiierte durch Steilpässe und Tiefenläufe gleich mehrere Angriffe seiner Mannschaft. In der 49. Minute bereitete Musiala in abgeklärter Weise das 2:0 durch Kai Havertz vor. Allerdings hatte der Zehner vor allem im physischen Spiel seine Probleme und bekam in den Zweikämpfen durch die französischen Verteidiger regelmäßig seine Grenzen aufgewiesen. In der 80. Spielminute wurde er dann durch Niclas Füllkrug ersetzt. (Note: 2)
Kai Havertz:
Vom Linksverteidiger zum Mittelstürmer: So sah die positionelle Wandlung von Kai Havertz im DFB-Dress zuletzt aus. Als alleinige Spitze präsentierte sich Havertz aber weniger als klassischer Strafraumstürmer, sondern bewegte sich schwimmend auf dem Platz, indem er praktisch überall auftauchte und immer wieder anspielbar war. Als Schattenstürmer entwischte der Arsenal-Profi dabei mehrfach seinen Bewachern und erzielte so früh in der zweiten Hälfte das 2:0. Zuweilen hätte man sich gewünscht, dass Havertz etwas eigensinniger wäre und schneller selbst den Abschluss suchen würde, als immer wieder noch einen Pass zu spielen. Nach 80 Minuten war für den Angreifer Schluss und Deniz Undav kam zu seinem DFB-Debüt. (Note: 2)
Chris Führich (ab 72. Spielminute):
Der Stuttgarter, der im Klub diese Saison für seine unbekümmerte Art für Furore sorgt, zeigte sich nach seiner Einwechslung an diesem Abend ebenfalls unbeeindruckt und gliederte sich nahtlos ins deutsche Spiel ein. Laufstark, einsatzfreudig und frech beschäftigte er in den letzten Minuten noch einmal seine französischen Gegenspieler auf der linken Seite, traute sich allerdings nicht wirklich offensiv mehr Akzente zu setzen. (Note: 2,5)
Thomas Müller (ab 72. Spielminute):
Der 34-Jährige ist zwar nicht mehr der schnellste Spieler, hat aber unfassbar viel Erfahrung, was man auch an diesem Abend merkte. Durch viele Kommandos ordnete er das deutsche Offensivspiel und viel selbst durch einige clevere Pässe und kluge Läufe auf. Bäume riss der Ur-Bayer allerdings nicht aus. (Note: 3)
Deniz Undav (ab 80. Spielminute):
Der nächste Stuttgarter und der nächste Debütant im DFB-Dress hätte fast einen Traumeinstand gefeiert, indem er nach nur wenigen Sekunden nach seiner Einwechslung mit einem fiesen Flachschuss Frankreich-Schlussmann Brice Samba zu einer großartigen Parade zwang. Hiernach versuchte Undav noch einige Offensivläufe und einige Pässe in die Spitze, doch die Müdigkeit in der deutschen Nationalmannschaft machte sich bemerkbar, weshalb Undavs Offensivbemühungen letztlich im Sande verliefen. (Note: 3)
Niclas Füllkrug (ab 80. Spielminute):
Der Mittelstürmer mit der tollen Torquote in der deutschen Nationalmannschaft blieb nach seiner Einwechslung praktisch komplett unsichtbar und konnte keine offensiven Akzente setzten. Von einigen gewonnenen Zweikämpfen abgesehen blieb der Dortmunder allerdings recht blass. (Note: 3,5)
Waldemar Anton (ab 90. Spielminute):
Der Stuttgart-Abwehrchef kam an diesem Abend zu seinem Länderspieldebüt und krönte damit seine bisher herausragende Saison. Da Anton allerdings nur wenige Minuten bekam und kurz vor Spielende erst eingewechselt wurde, ist eine adäquate Spielerbewertung nicht möglich.
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