Am Ende war es zwar eng und bitter, doch die Leistung des FC Bayern reichte einfach nicht für den Einzug ins Champions-League-Finale von Wembley gegen Borussia Dortmund und man unterlag Real Madrid nach eigener Führung spät mit 1:2. Manuel Neuer, der zuvor die Bayern mehrfach überragend überhaupt im Spiel gehalten hatte, wurde zum tragischen Helden, als er in der 88. Spielminute patzte und Real Madrid den Glauben an sich selbst zurückgab. Die Leistungen aller Bayern-Spieler hier nun in der Einzelbewertung:
Manuel Neuer:
Bis zur 88. Spielminute war Manuel Neuer der wahrscheinlich beste Spieler auf dem Platz und hätte sich durch seine zahlreichen Paraden, mit denen er die überfällige Führung der starken Madrilenen verhinderte, eigentlich die Bestnote verdient. Leider geht ein Spiel eben mindestens 90 Minuten und in der 88. Spielminute zog Vinícius Júnior aus halblinker Position einfach mal ab und Neuer konnte den tückischen Aufsetzer nicht festhalten, sondern er tropfte vor die Füße von Joselu, der zum 1:1 einschob. Der Patzer erinnerte stark am Fehler Oliver Kahns aus dem WM-Finale 2002 gegen Brasilien, als der Welttorhüter den eigentlich haltbaren Schuss von Rivaldo nicht festhalten konnte, was Ronaldo damals eiskalt bestrafte. Beim 1:2 nur wenige Minuten später konnte Manuel Neuer nichts ausrichten. (Note: 2)
Noussair Mazraoui:
Der Marokkaner spielte erneut auf seiner eigentlich nicht angestammten linken Seite, machte seine Sache gegen Rodrygo im direkten Duell zwar ganz ordentlich, doch passte offensichtlich die Zuordnung zu seinem Nebenmann Eric Dier nicht immer, was den Madrilenen häufiger den Raum für gefährliche Aktionen lieferte. Nach vorne hin versuchte Mazraoui zwar einiges, es gelang ihm aber wenig. (Note: 4)
Eric Dier:
Der Engländer, der sich in den vergangenen Wochen klammheimlich zur defensiven Säule beim FC Bayern entwickelte, hatte leider keinen guten Tag erwischt und hatte zunehmend Schwierigkeiten, mit dem hohen Tempo der "Königlichen" mitzuhalten. Bei beiden Gegentoren schaltete er zu schnell ab und konnte nicht mehr entscheidend eingreifen. (Note: 4,5)
Matthijs de Ligt:
Der unter Thomas Tuchel nur selten gesetzte de Ligt hatte viele leistungstechnische Ausfälle seiner Mannschaftskollegen in der Bayern-Defensive zu kompensieren und machte dies mit eindrucksvollem Einsatzwillen. In jeden Ball schmiss er sich, führte Zweikämpfe und war auf dem Platz der einzige, der die Offensivbemühungen von Vinícius Júnior zumindest halbwegs ausbremsen konnte. Kurz vor Abpfiff erzielte er sogar den Ausgleich, doch die Aktion wurde vorher wegen einer (falschen) Abseitsstellung zurückgepfiffen. (Note: 2)
Joshua Kimmich:
Lange war diskutiert worden, ob Kimmich als Rechtsverteidiger die nötigen Leistungen bringen könnte und zum Erstaunen vieler strafte der 29-Jährige in den vergangenen Wochen seine Kritiker Lügen. An diesem Abend gegen einen bärenstarken Vinícius Júnior bekam er aber deutlich seine Grenzen aufgezeigt. Defensiv hatte Kimmich gegen den Brasilianer praktisch gar nichts zu melden, nach vorne hin wiederum versuchte er einige Angriffe einzuleiten, die aber meist ins Nichts führten. (Note: 4,5)
Als ballverteilender Sechser strahlte der 20-Jährige eine erstaunliche Ruhe aus brachte beeindruckende 96 Prozent seiner Pässe erfolgreich zu seinen Mitspielern. In den Zweikämpfen gegen Federico Valverde und Aurélien Tchouameni allerdings zeigte der Youngster körperliche Defizite. (Note: 3)
Wie schon im Hinspiel fiel Konrad Laimer vor allem durch seine Lauffreude und seinen Einsatzwillen auf. Oft verwickelte der Österreicher seine Gegenspieler in Zweikämpfe und unterband früh gegnerische Angriffe. Dennoch machte der 26-Jährige nicht immer eine glückliche Figur und lief bei den Passstafetten der "Blancos" meist nur hinterher. (Note: 3,5)
Serge Gnabry:
Für den 28-Jährigen, der aufgrund von Verletzungen einen Großteil der Saison verpasste, sollte es eigentlich die Chance sein, sich für eine mögliche EM-Nominierung ins Gespräch zu bringen, doch machte erneut der Oberschenkel zu und Serge Gnabry musste nach 27 gespielten Minuten durch Alphonso Davies ersetzt werden. Eine adäquate Spielbewertung ist daher nicht möglich.
Jamal Musiala:
Die bayrische Mittelfeld-Hoffnung war in der Offensive seiner Mannschaft das belebenste Element und sorgte durch Dribblings, Steckpässe und sogar durch eigene Abschlüsse immer mal wieder für Gefahr, ohne aber dass etwas Zählbares dabei rumkam. Auch in der Arbeit gegen den Ball zeigte sich Musiala diszipliniert und führte einige gute Zweikämpfe. Nach 84 Spielminuten musste er angeschlagen für Thomas Müller ausgewechselt werden. (Note: 2,5)
Leroy Sané:
"Er war stets bemüht", könnte eine gute Beschreibung für Leroy Sané in diesem Halbfinal-Rückspiel sein. Über rechts versuchte der 28-Jährige immer wieder Chancen zu kreieren, doch blieb er entweder selbst hängen oder die Mitspieler fanden sich nicht, weshalb Sané nur für wenig Gefahr sorgen konnte. Im Spiel gegen den Ball zeigte sich der Edeltechniker ungewohnt giftig und zeigte, dass er wollte, doch wollte im letztlich nur wenig gelingen. Nach 76 gespielten Minuten machte er für Kim Min-jae platz, um die dann noch bestehende Führung zu verteidigen. (Note: 3,5)
Harry Kane:
Auch in diesem Jahr wird es keinen Titel für Harry Kane geben. Der Weltklassestürmer versuchte viel und war ein wiederkehrender Gefahrenherd, der einige gute Chancen hatte, allerdings musste der Engländer meist mit Einzelaktionen für Gefahr sorgen, da er nur selten mit guten Bällen gefüttert wurde. Wie man es von Kane kennt, ließ er sich oftmals fallen, um im Spielaufbau beteiligt zu sein und laufstark auch gegen den Ball zu arbeiten. Durch einen langen Diagonalball auf den startenden Alphonso Davies bereitete der 30-Jährige die zwischenzeitliche Führung seiner Mannschaft vor. Nach 85 Minuten verließ ihn endgültig die Kraft und er wurde durch Eric Maxim Choupo-Moting ersetzt. (Note: 2,5)
Alphonso Davies (ab Spielminute 27):
Der nominelle Linksverteidiger musste bereits früh als Joker angreifen, an diesem Abend aber eine Position weiter vorne. Tatsächlich war Davies ein durchaus belebendes Element, das mit Tiefenläufen und Dribblings für Gefahr sorgte. Sein großer Moment kam in der 68. Spielminute, als er bei einem Konter der Münchner von links nach rechts in den gegnerischen Strafraum zog und mit seinem schwachen rechten Fuß den Ball zum 1:0 traumhaft schön ins lange Eck schlenzte. Nach seinem Tor tauchte Davies allerdings merklich ab und war nur noch selten zu sehen. (Note: 2,5)
Kim Min-jae (ab Spielminute 76):
Der vielgescholtene Südkoreaner sollte spät im Spiel für zusätzliche defensive Sicherheit und durch seine körperliche Wucht auch in Standardsituationen für zusätzliche Gefahr in der Offensive sorgen. Zwar schaltete sich der Defensivspieler in viele Situationen mit ein, wirkte aber in seinen Situationen nur selten glücklich. Bei beiden Gegentoren fehlte Min-jae die Zuordnung und ließ beim 1:1 Joselu ziehen. Beim 1:2 blieb er gegen Nacho Fernández zu passiv, der auf Antonio Rüdiger passen konnte, der wiederum Joselus zweiten Treffer vorbereitete. (Note: 5)
Thomas Müller (ab Spielminute 84):
Mit seiner Erfahrung sollte der deutsche Nationalspieler eigentlich für zusätzliche Ruhe im Spiel der Münchner sorgen und helfen, das zu diesem Zeitpunkt noch bestehende 1:0 über die Zeit zu bringen. In den wenigen Minuten, in denen er spielte, fiel Müller nicht groß auf und eine angemessene Bewertung ist nicht möglich.
Eric Maxim Choupo-Moting (ab Spielminute 85):
Der Kameruner sollte den völlig ausgelaugten Harry Kane ersetzen und den Bayern in der Offensive als Wandspieler dienen. In den wenigen Minuten, die er spielen durfte, zeigte sich der 35-Jährige zwar zweikampfstark, aber wirklich zu bewerten war sein Spiel ob der wenigen Minuten nicht.
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