Sah man nach dem Schlusspfiff in die Gesichter der Spieler konnte man bereits erahnen, dass auch in Kadıköy der Glaube an die Meisterschaft erloschen ist. Stattdessen muss man nun sogar noch um Platz 2 zittern. Der Hauptgrund für diesen Nackenschlag war ein unerwarteter Rückfall.
Von Beginn an hätte man nämlich noch denken können, dass die Gelb-Marineblauen das Momentum nach dem Last-Minute-Sieg gegen Ankaragücü auch gegen Sivasspor trägt. Dann verletzte sich mit İrfan Can Kahveci der beste Spieler der letzten Partien und das Spiel gestaltete sich ausgeglichen. Auch grundsätzlich eigentlich kein Problem, doch da Fenerbahçe seine Chancen vergab und Sivasspor kurz vor der Pause in Führung ging, begannen bei den "Kanarienvögeln" offenbar die Zweifel. Davon war wohl auch Trainer Emre nicht ausgenommen, der zum zweiten Durchgang von seiner Linie abwich. Der ehemalige Mittelfeldregisseur war seit seinem Amtsantritt damit aufgefallen, dass er am liebsten mit einer festen Elf auflief, die er dann im Laufe des Spiels durch gezielte Wechsel auffrischte. Dieses Mal hatte er nicht die Geduld und brachte Luiz Gustavo für Szalai. Natürlich ist die Einwechslung des ballsicheren Brasilianers eine durchaus nachvollziehbare und kluge Option, statt auf seiner Gardeposition im defensiven Mittelfeld musste der Routinier nun aber in der Innenverteidigung ran. Auch hier ist er erfahren, nach 48 Minuten verlor er allerdings das entscheidende Kopfballduell gegen Arslan und plötzlich stand es 0:2. Im Mittelfeld zum Beispiel für den schwachen Sosa wäre Gustavo besser aufgehoben gewesen.
Kein Konzept nach dem 0:2
Erneut versuchte Emre unmittelbar einen Impuls zu setzen und brachte Cissé und Osayi-Samuel für Tufan und Pelkas. Auch diese Wechsel waren zumindest überraschend. Insbesondere Tufan hatte in der Vergangenheit oft gezeigt, dass er durch seine Distanzschüsse eine Waffe gegen tiefstehende Gegner sein kann. Gleichzeitig muss man allerdings auch anmerken, dass der Nationalspieler gestern nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Es ist auch unnötig zu mutmaßen, ob das Spiel der Gastgeber mit anderen Personalien besser geworden wäre. Fakt ist, dass man nun zwar anrannte, die klaren Ideen für ein zielführendes Offensivspiel allerdings vermissen ließ. Das erinnerte frappierend an die Zeit vor Emre. Das 1:2 nach einer großartigen Özil-Vorlage kam somit deutlich zu spät. Spätestens nach dem 0:2 war die Hoffnung auf eine erfolgreiche Aufholjagd verpufft, obwohl zeitgleich Beşiktaş durch die eigene Niederlage eine Steilvorlage bot. Für Fenerbahçe wird es jetzt darum gehen, aus der aktuellen Saison zu lernen, auf den guten Auftritten aufzubauen und wer weiß – in dieser verrückten Saison ist es auch nicht ausgeschlossen, dass die beiden Konkurrenten im letzten Spiel patzen.