Mit der 0:3-Heimniederlage gegen Malatyaspor ist ein neuer Tiefpunkt erreicht in Kadıköy. Zwar schmerzt das Ergebnis auf den ersten Blick nicht so sehr wie die jüngste Derby-Pleite, das Zustandekommen bietet allerdings Grund zur Sorge.
Drei Siege und drei Niederlagen aus den letzten sechs Ligaspielen: bei Fenerbahçe gibt es aktuell nur Top oder Flopp. Während man in der Fremde mal mehr mal weniger souverän auftritt, vergeigt man die Auftritte im eigenen Stadion aktuell mit großer Regelmäßigkeit. Ob hier ein tieferer psychologischer Grund besteht, können nur Spieler und Trainer beantworten. Klar ist allerdings, dass Erol Buluts Spielidee aktuell noch nicht greift. Der 45-Jährige setzt auf Pressing. Den Gegner früh unter Druck setzen, Fehler erzwingen und dann zum Abschluss kommen. Das ist in der Süper Lig mit Sicherheit ein adäquates Mittel, allein, seine Spieler ziehen nicht mit. Das beginnt in vorderster Front. Papiss Cissé ist ein Knipser, der Räume erahnt und häufig richtig steht. Ein aggressiver Pressingspieler wird er mit seinen 35 Jahren allerdings nicht mehr. Da sich der Senegalese häufige Schaffenspausen gönnt, kann der jeweilige Gegner in Ruhe das Spiel aufbauen. Ähnlich sieht es bei den weiteren Offensivakteuren aus: Pelkas, Yandaş und Kadıoğlu sind Einzelspieler, die den Ball gerne am Fuß haben und Ein-gegen-Eins-Situationen suchen. Das hohe Pressing klappte zu Beginn der Saison noch deutlich besser, als Valencia, teilweise Samatta und Tufan auf der Zehn den Gegner anliefen. In diesen Spielen fehlte es dann allerdings vollends an Spielideen im eigenen Ballbesitz. Bulut hat die richtige Mischung aus Spielkultur und starken Pressingmomenten noch nicht gefunden.
Schlechte Balance zwischen Defensive und Offensive
Hier greift auch das zweite große Problem. Fenerbahçes Umschaltspiel hakt. Während auf der einen Seite der Ball häufig nicht schnell genug in die Hälfte des Gegners gebracht wird und insbesondere im letzten Drittel Laufwege und Zusammenspiel meistens nicht gut abgestimmt sind (eine Folge der häufigen Umstellungen durch Verletzungen und Krankheit), steht die Abwehr oft völlig alleine da. Die beiden Außenverteidiger Erkin und Gönül schalten sich quasi durchgehend ins Offensivspiel ein. Das ist zwar einerseits löblich und insbesondere in Erkins Fall schon häufiger von Erfolg gekrönt gewesen. Andererseits sind die beiden oft nicht schnell genug wieder hinten. Da auch Gustavo und Tufan meistens mit aufrücken, stehen bei Kontern die beiden Innenverteidiger alleine da. Die Folge sind Verwarnungen, Strafstöße oder schlicht direkte Gegentore. Hier muss Bulut dringend eine bessere Balance zwischen Defensive und Offensive finden. Am Mittwoch trifft Fenerbahçe auf Karacabey im Pokal. Hier werden wohl viele Stammspieler eine Pause bekommen. Spätestens gegen das formstarke Gaziantep am Samstag gilt es für die "Kanarienvögel" Lösungen anzubieten. Die gute Nachricht: das Spiel findet auswärts statt.