Vor den Präsidentschaftswahlen überschlagen sich die Ereignisse in Kadıköy. Zu Wort meldete sich Ex-Fener-Präsident Aziz Yıldırım, der in einer Pressekonferenz den aktuellen Präsidenten Ali Koç aufs Härteste kritisierte. Auch eine Abstimmung auf der ordentlichen Generalversammlung drohte zu eskalieren. Das LIGABlatt fasst die aktuellen Geschehnisse zusammen.   

Im Zuge der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, in denen eine Wiederwahl von Ali Koç so gut wie sicher ist, drohen sich die Ereignisse in Kadıköy zu überschlagen. Zu einer regelrechten öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht ist es zwischen dem aktuellen Präsidenten Koç und dem ehemaligen Präsidenten Yildirim gekommen. Letzterer rechnete in einer denkwürdigen, zweistündigen Pressekonferenz mit Koç ab. Neben persönlichen Anfeindungen hielt Yıldırım es nicht aus, die letzten Jahre der Ära Koç aufs Schärfste zu kritisieren. Allen voran die Erfolgslosigkeit des Vereins, die Transferpolitik, die finanzielle Situation sowie die noch immer ausstehende Trainer-Frage hingen unmittelbar mit der Person Koç zusammen, die als Sündenbock ausgemacht wird. 

Fehlende Stars, intransparente Transfers und gescheiterte Trainersuche 

Der sich in Rage redende Aziz Yıldırım ging dabei noch einen Schritt weiter. Als lächerlich betitelte er den jüngsten Dursun-Transfer, den er in einem Zug mit der Forderung nach etablierten Stars wie Ramos, Benzema und Dzeko nannte. In seiner Ära hätten ehemalige Fener-Stars wie Anelka auf der Bank nehmen müssen. Nicht selten in seiner Rede forderte er den Rücktritt von Koç und stellte sogar seine Daseinsberechtigung als Präsident in Frage, die laut seinen Aussagen ausschließlich auf das wohlhabende familiäre Umfeld zurückzuführen sei. Auch die Transferpolitik betitelte er als maximal intransparent und ging dabei unter anderem auf die Deals mit Özil und Kahveci ein, denn bis heute würde niemand wissen, wie viel Geld konkret für die Transfers geflossen ist – von Transparenz fehlt jegliche Spur. Für die Schieflage von Fener, die im türkischen Spitzenfußball ihresgleichen sucht, sei einzig allein Koç verantwortlich. Er ließ nicht außen vor den Präsidenten daran zu erinnern, dass der Klub in seiner dreijährigen Amtszeit weiterhin auf einen Titel wartet, sämtliche Serien im eigenen Stadion gegen die Erzrivalen auf Beşiktaş und Galatasaray gerissen sind und auch insgesamt 52 Transfers sowie sechs Trainer finanziell den Klub belastet, aber keinen Erfolg gebracht hätten. Fenerbahçe habe sich laut Yildirim zu einem Anadolu-Verein entwickelt. Als regelrechte Beleidigung und Image-Schaden für den Verein bezeichnete er die aktuelle Trainer-Suche, nachdem sich nun wohl nach zahlreichen Absagen herausstellt, dass die Führung nicht in der Lage ist, einen neuen Trainer zu finden.

Spannungen auf der Generalversammlung

Als wäre der öffentlich ausgetragene Disput zwischen Koç und Yıldırım nicht genug, drohte auch die Situation bei der ordentlichen Generalversammlung zu eskalieren. Grund hierfür war eine mit der Mehrheit der Stimmen verabschiedete Erhöhung des jährlichen Mitgliedsbeitrages von 50 TL (rund 4,80 Euro) auf 500 TL (rund 48 Euro), die bei den Mitgliedern auf den Tribünen für Spannungen sorgte. So war es am Ende der 54-Jährige höchstpersönlich, der sich auf dem Weg zur Tribüne machte und die erhitzten Gemüter letztlich beruhigen konnte.

Auch bei Fenerbahçe bahnen sich somit unruhige Zeiten an, die einmal mehr vor allem die Führungsetage des Klubs auf die Probe stellen. Mit der Wutrede von Yildirim ist im öffentlichen Disput wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die so gut wie feststehende Wiederwahl von Koç stellt den erfolgreichen Geschäftsmann in seiner nächsten Amtsperiode vor großen Herausforderungen, denn die Kritik an seiner Person wird weiter anhalten. Sollten weiterhin die Erfolge ausbleiben, droht er die Gefolgschaft und treuen Fener-Anhänger zu verlieren. Um die erhitzten Gemüter zu beruhigen, würde wohl am ehesten ein Titel Abhilfe schaffen, den der Verein auch in der kommenden Saison anstreben wird. Bleibt abzuwarten, ob es in dieser Saison mit dem lang ersehnten Titel funktionieren wird.