Jetzt also auch noch İrfan Can Kahveci. Fenerbahçe verfährt auch auf dem Wintertransfermarkt weiterhin nach der Losung viel hilft viel. Für sich betrachtet macht dabei jeder Neuzugang Sinn – auf Erol Bulut wartet allerdings eine echte Mammutaufgabe.

Den Anfang machte beinahe unbemerkt Attila Szalai. Der Ungar kam als bereits fünfter Innenverteidiger nach Istanbul, zeigte allerdings in seinen ersten beiden Auftritten, dass er ein großer Gewinn für das Team sein könnte. Als spielstarker, torgefährlicher und robuster Linksfuß fügt er Buluts Mannschaft gleich mehrere neue Facetten hinzu. Dazu kommt, dass er mit erst 23 Jahren noch entwicklungsfähig ist und theoretisch irgendwann für einen Transfergewinn gut sein könnte. Eine starke Verpflichtung.

Eine ganz andere Kategorie ist natürlich Mesut Özil. Auch hier kann es eigentlich kaum zwei Meinungen geben. Ein Weltstar, dessen Herz nachweislich für Fenerbahçe schlägt und der an guten Tagen das Niveau beinahe jeder Mannschaft heben kann: Alleine aus Prestigegründen war klar, dass man diese Verpflichtung machen musste. Zwar kann einem der übertriebene Hype bereits nach kurzer Zeit auf den Senkel gehen, er zeigt aber auch, welchen Effekt man sich (neben spielerischen Akzenten) von Özil verspricht. Trikotverkäufe, Werbedeals und die internationale Aufmerksamkeit tun Fenerbahçe und seinem Geldbeutel gut. Spielerisch ist Özil gerade während seiner Zeit in England sehr häufig zu schlecht bewertet worden und wird nun darauf brennen, es seinen Kritikern noch einmal zu zeigen.

Facettenreiche Offensive

Ebenfalls aus England kam Bright Osayi-Samuel. Dessen Verpflichtung war für den Sommer gedacht, nach der schweren Verletzung von Diego Perotti haben die Verantwortlichen umdisponiert. Bei seinem ersten Kurzeinsatz zeigte der Nigerianer sehr vielversprechende Ansätze. Er präsentierte sich dribbelstark und spritzig und könnte auch in Zukunft eine gute Alternative auf den Flügeln werden. Ansonsten gilt wie bei Szalai: Osayi-Samuel ist ein junger und entwicklungsfähiger Spieler, der günstig verpflichtet wurde und bei entsprechender Entwicklung ein Transferplus erzielen könnte.

Bleibt der zweite Hochkaräter: Fener-Fans feiern İrfan Can Kahvecis Verpflichtung alleine deshalb, weil man Erzfeind Fatih Terim so eins auswischen konnte. Auch darüberhinaus spricht allerdings sehr wenig gegen den Nationalspieler. Kahveci ist einer der vielversprechendsten Spieler der Türkei, dem viele nach seiner starken Meistersaison bei Başakşehir bereits den Sprung nach Europa zugetraut hatten. Stattdessen schnürt er nach einer weitestgehend enttäuschenden Hinrunde seine Schuhe nun in Kadıköy. Auch er ist ein guter und für sich gesehen sinnvoller Transfer.

Keine Zeit zur Eingewöhnung

Guckt man sich Fenerbahçes Kader nun an, scheint er aus allen Nähten zu platzen. Hier beginnen die Probleme. Immer weitere neue Spieler bringen schließlich nicht nur mehr Qualität mit, sondern nehmen sich irgendwann auch gleichzeitig die Plätze weg. Dazu kommt, dass die Gelb-Marineblauen über weite Teile der Saison den Eindruck vermittelten, noch nicht eingespielt zu sein. Starke Auftritte wechselten sich mit schwachen Spielen ab, eine zündende Spielidee und Automatismen suchte man häufig vergebens und dazu wurde die Startelf meistens ziemlich durchgewürfelt. Die angesprochenen Szalai und Osay-Samuel sowie Pelkas und Perotti zeigten wenige Anpassungsschwierigkeiten. Andere Spieler, wie Yandaş, Thiam, Gümüş, Ademi (den es bereits leihweise zu Karagümrük zog) oder Sosa brauch(t)en länger. Nun allerdings werden ihnen vor allem mit Özil und Kahveci zwei neue Stammspieler vor die Nase gesetzt, die zwar Ansprüche auf einen Platz in der Ersten Elf haben, allerdings noch weniger mit dem Team trainieren konnten. Das Ziel lautet klar Platz 1 und das scheint mit diesem Kader durchaus machbar. Sollte es Erol Bulut aber während der laufenden Saison mit extra voll gepacktem Terminkalender nicht gelingen, aus den talentierten Einzelspielern eine Einheit zu formen, bei der auch die Spieler aus der zweiten Reihe ihre Rolle akzeptieren, wird man dieses Ziel nicht erreichen. Fenerbahçe geht all-in. Spätestens ab jetzt ist alles außer der Meisterschaft ein Misserfolg. Keine leichte Aufgabe für den Trainer.