Der englische Traditionsverein FC Tottenham könnte aufgrund einer laufenden Untersuchung über mögliche Verstöße gegen die Vorgaben der Premier League in größere Schwierigkeiten geraten. Das Londoner Team ist nach dem 10-Punkte-Abzug von Everton wegen Verstößen gegen die Financial Fair Play-Regeln und den laufenden Finanzermittlungen gegen Chelsea und Manchester City das nächste Premier-League-Team, das unter genauer Beobachtung der Ligaverantwortlichen steht.

Die britische Tageszeitung "The Times" hat vor Kurzemberichtet, dass Tottenham mit dem Verkauf von Jermain Defoe an Portsmouth im Jahr 2008 gegen geltende FA-Vorschriften verstoßen habe und unter Umständen auch weitere Vergehengegen die bestehenden Regeln begangen habe.

Es wird davon ausgegangen, dass der betreffende Spieler aber auch Daniel Levy, der Vorsitzende von Tottenham, und Harry Redknapp, der damalige Manager von Portsmouth, während der Gespräche alle mit einer nicht registrierten Spieleragentur verhandelten.

Darüber hinaus stellte sich heraus, dass die FA damals von dem Regelverstoß wusste, aber keine Maßnahmen ergriff. Dies ist umso bemerkenswerter, da Luton Town im selben Jahr als Strafe für dieselben Regelverstöße einen Abzug von zehn Punkten hinnehmen musste.

Wie sich alles entwickelte

Bei dem nicht lizenzierte Agenten handelte es sich um Mitchell Thomas, einen ehemaligen West Ham- und Tottenham-Profi, der am Defoe-Transfer beteiligt war. Auch bemerkenswert, da dieFA den vermeintlichen Spieleragenten 2008 sogar auf eine Liste von Spielervermittlern nahm, die ohne Lizenz im Fußball tätig waren.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass der Tottenham-Boss Levy den lizenzierten Agenten Stuart Peters engagierte, um Tottenham in diesem Fall zu vertreten. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung bestand jedoch ein durch die FA-Vorschriften vorgeschriebener Vertretungsvertrag.

In einer Erklärung gab Portsmouth bekannt, dass Jermain Defoe 2008 verpflichtet wurde und dass "diejenigen, die am Transfervon Tottenham Hotspur beteiligt waren, nicht mehr im Vereinsind, da sie den Verein bereits vor vielen Jahren verlassen haben".

Portsmouth, das offiziell vom aktuellen Vorstand und im Jahr 2017 vom Pompey Supporters‘ Trust übernommen wurde, gab weiters bekannt, dass weder der spätere Vorstand noch die neuenFührungskräfte Kenntnis von irgendwelchen Gesprächen oder Abmachungen gehabt hätten, die zum Transfer von Jermain Defoe im Jahr 2008 beim Portsmouth Football Club geführt hätten.

Auf der anderen Seite lehnt es Tottenham Hotspur bis heute ab, Stellung zu dieser Angelegenheit zu nehmen, auch als die Times sie mit den Vorwürfen direkt konfrontierte. Inmitten der Vielzahl an Strafen, mit denen sich Teams gegenwärtig auseinandersetzen müssen, einschließlich finanzieller Sanktionen, könnten negative Entscheidungen bei der aktuellen Finanzlage von Tottenham Hotspur zu einschneidenden Maßnahmen seitens des Vereins führen.

Tottenhams Partner

Fußballmannschaften in England sind in der Regel auf Partnerschaften mit großen Unternehmen aus den verschiedenen Branchen angewiesen, um sich überhaupt am grünen Rasen zu behaupten zu können und ein generelles Mitspracherecht zu haben, insbesondere auf dem Transfermarkt, wo es vor allem um sehr viel Geld geht.

Da während der Transferperioden teure Spieler am Spielermarkt zu finden sind, sind bei den Vereinen immer zusätzliche Einnahmen erforderlich, damit ein Team in dieser Liga überhaupt die Chance hat, einige dieser Superstars zu verpflichten, und umso das eigene Team zu verstärken. Wie jeder Spitzenverein werden auch die Londoner von einer Reihe von Sponsoren mitfinanziert.

Die Partner von Tottenham sind in vielen unterschiedlichen Branchen angesiedelt, diese reichen von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie bis hin zum Glücksspielsektor.

Das Unternehmen "AIA" ziert derzeit die Vorderseite derTrikots der Spurs. Im Juli 2019 verlängerte die in Hongkong ansässige Lebensversicherungsgesellschaft ihren Vertrag mit dem ehemaligen Verein von Harry Kane um weitere acht Jahre, und dies für stattliche 40 Millionen Pfund pro Saison.

Nike ist seit der Unterzeichnung eines Vertrags im Jahr 2017 der offizielle Ausrüster der Lilywhites und bereits 2018 konnten sich beide Partner darauf einigen, eine 15-jährige Verlängerung des Vertrags bis 2033 für rund 30 Millionen Pfund pro Jahr zu unterzeichnen.

Wie viele andere Vereine, die mit den gegenwärtig besten Casinos zusammenarbeiten, so ist auch Tottenham mit "Fun88" eine Partnerschaft eingegangen. Dieses Wett- und Glücksspielunternehmen, das seit August 2016 offizieller Wettpartner des Teams für Lateinamerika und Asien ist, hat so die vielfältige Sponsorenliste des Vereins ergänzt. Aber so ganz nebenbei wird der Klub auch noch von seinem wohlhabenden Eigentümer und einer weiteren beeindruckenden Anzahl von Sponsoren unterstützt, die sich nun alle standhaft gegen die Auswirkungen von Finanzsanktionen zur Wehr setzen wollen.

Aber ähnlich wie bei Everton wird in der britischen Öffentlichkeit die Frage aufgeworfen, ob Sanktionen in Form von Punkteabzügen wirklich eine erhebliche Abschreckung darstellen.

Die Folgen eines Verstoßes gegen die Vorschriften der Liga

Verstöße gegen die geltenden Bestimmungen können in der englischen Eliteliga zu Punktabzügen, einem Transferverbot oder gar einem Zwangsabstieg führen. Unabhängige Experten haben schon mehrfach festgestellt, dass Verstöße gegen die Regeln sehr ernst genommen werden sollten und schwerwiegende Strafen bis hin zu Sanktionen nach sich ziehen müssen.

Der Fußballverband hat nun auch in dieser Causa erklärt, dass er im Falle eines Schuldspruchs der Spurs bereit sei, den Fall zu prüfen und möglicherweise eine rückwirkende Strafe zu verhängen. Diese Nachricht wurde bekanntgegeben, während Man City und Chelsea bereits auf ihren Abschluss der Untersuchungen ihrer möglichen Finanzvergehen warten.

Was kann das für Tottenham bedeuten?

Die Mannschaft von Ange Postecoglou, die derzeit auf Platz 5hinter Man City, Liverpool und Arsenal in der Tabelle rangiert, könnte ebenfalls mit einem 10-Punkte-Abzug bedroht werden, was alle Hoffnungen auf die Qualifikation für die Champions League in der nächsten Saison mit einem Schlag zunichtemachen würde.

Zwar legten die Londoner einen großartigen Saisonstart hin, sind aber seit der ersten Niederlage gegen Chelsea ein wenig verunsichert zu sein, denn nicht anders lässt es sich erklären, dass sie noch vor der Länderspielpause weitere Punkte gegen die Wolverhampton Wanderers liegen gelassen haben.

Angesichts ihrer nunmehr bereits eingefahrenen Punkte bleiben ihnen bei einem Abzug von zehn Punkten nur noch ein paar Pünktchen übrig. Ein Fakt, der sie dann ungefähr auf den zehnten Platz der Tabelle zurückfallen ließe. Ihr Schicksal könnte jenem von Everton ähneln, das derzeit mit nur vier Punkten auf den Abstiegsplätzen der Liga rangiert, bekannterweise wurden auch ihnen vor ein paar Wochen zehn Punkte strafweise aberkannt.

Abschließende Gedanken

Einige Supporter argumentieren, dass Tottenham keine Konsequenzen aus diesem Fall drohen sollten, da der Vorfall schon lange Zeit zurückliegt und dass die Vorwürfe nichts mit den aktuellen Spielern und der gegenwärtigen Tabellensituationdes Vereins zu tun haben sollten.

Kritiker der mehrfachen und von einigen Teams begangenen Verfehlungen beharren auf dem Standpunkt, dass Regeln eingehalten gehören und dass bei Missachtung betreffende Strafen schnell und wirkungsvoll verhängt werden sollen. Und dies sollte auch jene Mannschaften treffen, die sich in den obersten Tabellenregionen aufhalten, denn bis heute hat es in der EPL noch kein Team gegeben, dass einen solch brillanten Start in die Saison wie Tottenham hingelegt hat und am Ende der Meisterschaft nicht unter dem ersten vier der Tabelle endete.

Acht Siege in den ersten zehn Spielen der Saison würden ihnen auf jeden Fall einen Platz in der Europa League sichern. Könnte es das erste Mal seit langer Zeit sein, dass ein Team mit einem furiosen Start die Top Vier der Liga verpasst? Am Ende der Saison werden wir es spätestens wissen.

Foto: https://unsplash.com/photos/two-teams-playing-soccer-inside-stadium-_hjsopbklZ0