Nach einer langen Durststrecke könnte sich die zähe Trainersuche beim FC Bayern allmählich dem Ende neigen. Medienberichten zufolge befinden sich die FCB-Verantwortlichen in konkreten Verhandlungen mit dem ehemaligen Man-City-Kapitän Vincent Kompany (FC Burnley). Eine Schnapsidee oder doch vielversprechende Option für den Rekordmeister? Eine Analyse.
Nur fünf Siege in 38 absolvierten Liga-Spielen konnte der beim FC Bayern als heißer Trainer-Kandidat gehandelte Vincent Kompany mit seinem aktuellen Klub FC Burnley in dieser Saison erringen. Die Debüt-Saison in der Premier League endete für den Belgier mit acht Punkten Rückstand auf Platz 19 und dem direkten Abstieg in die zweiklassige Championship – Statistiken, die auf dem ersten Blick wohl jeden FCB-Fan abschrecken dürften. Möchte man Argumente für eine Beschäftigung des 38-Jährigen finden, so bedarf es einer tiefergehenden differenzierten Analyse, die sich nicht zwangsläufig nur auf die komplizierte abgelaufene Saison in der Premier League beschränkt.
Kompany steht für erfrischenden Ballbesitzfußball
In der ersten Saison als PL-Trainer, in welcher man insgesamt 111 Millionen Euro für neue Spieler ausgab, die Neuzugänge sich aber überwiegend als Flops entpuppten, gelang es Kompany nicht, den Klassenerhalt in der Premier League zu schaffen. Auch wenn dem 38-Jährigen als Trainer-Neuling die großen Erfolge und Erfahrungen bei einem Top-Klub in Europa fehlen, so konnte man bei Anderlecht sowie beim FC Burnley bereits erkennen, für welchen Fußball er steht. Vor allem in der Aufstiegssaison mit Burnley ließ Kompany in seinem bevorzugten 4-2-3-1-System ansehnlichen und vor allem mutigen Ballbesitzfußball spielen. Zum wichtigsten Erkennungsmerkmal zählt dabei ein hohes, aber kontrolliertes Pressing, das für frühe Ballgewinne sorgen soll. Gerade jene Herangehensweise passt hervorragend zu dominant agierenden Teams, so wie der FC Bayern das zu seinen besten Zeiten gewohnt war. Von der klar erkennbaren Spielphilosophie wollte man auch in der Abstiegssaison nicht abrücken. Negativ betrachtet könnte man dem noch jungen Trainer Naivität und die fehlende Erfahrung vorwerfen lassen. Auf der anderen Seite spricht letzteres auch für den fußballerischen Ansatz des Belgiers , der seine klare Handschrift erkennen lassen möchte.
Zeit unter Guardiola hat Kompany geprägt
Auch wenn der Belgier noch einen weiten Weg zu gehen hat, um eines Tages an die Trainer-Legende Pep Guardiola heranzutreten, so sind in seiner Spielphilosophie durchaus Parallelen zu seinem ehemaligen Trainer bei Man City zu erkennen. Drei Jahre lang durfte er unter Pep bei Man City auflaufen. In vielen Interviews hat er bereits betont, dass er während dieser Zeit am meisten gelernt hat. In England reden nicht wenige davon, dass Kompany eines Tages ein idealer Nachfolger von Guardiola bei den „Citizens“ werden könnte. Bis dahin ist es wohl noch ein langer Weg.
Kann Kompany das Kaliber FC Bayern?
Das wohl größte Argument gegen eine Verpflichtung von Kompany dürfte die Größe und die damit verbundene Komplexität beim deutschen Rekordmeister sein. Für den Belgier gilt es, ein unruhiges Umfeld mit einer enormen Erwartungshaltung, mitunter schwierige Spieler mit großen Egos und die aktuell undurchsichtige Situation in der Führungsetage des Rekordmeisters zu meistern. Während seiner aktiven Zeit als Spieler hat sich Kompany bereits als Leader und Führungsspieler auf dem Platz bewiesen. Ob der 38-Jährige die genannten Störfaktoren auch in der Trainer-Funktion bei einem Klub wie dem FC Bayern überwinden kann, ist fraglich. Zuzutrauen wäre es ihm aber dennoch allemal.
Fazit: Kompany wäre keine ideale, aber eine spannende Lösung
Nach der Absagen-Flut beim Rekordmeister ist jeder Coach, der nun das Ruder übernimmt – darunter zählt auch eine mögliche Kompany-Verpflichtung – definitiv nicht die ideale 1A-Lösung, mit der sich auch der neue FCB-Coach, egal wie er letztlich heißen wird, auch ohne Zweifel anfreunden muss. Die Abstiegssaison mit Burnley dürfte den ein oder anderen sicherlich abschrecken. Bei näherer Betrachtung klingen seine Ansätze und Philosophie auch bezogen auf den FC Bayern dennoch vielversprechend. Als junger Trainer ist ihm ein Engagement beim FCB mit Blick auf die bisher gezeigten Ansätze an der Seitenlinie, die unbestrittenen Führungsqualitäten als Spieler sowie auch die Sprachgewandtheit des Belgiers – Kompany spricht neben Englisch und Französisch auch Deutsch und Niederländisch – definitiv zuzutrauen.
Sollten sich die Verantwortlichen für den Belgier entscheiden, endet die verkorkste Trainersuche definitiv nicht mit der idealen Lösung. Gemessen an der aktuellen Situation wäre eine Kompany-Verpflichtung dennoch eine spannende und zugleich innovative Lösung, welcher man an der Säbener Straße auch eine entsprechende Chance geben sollte.
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