Ein runderneuerter Kader, ein enger Spielplan und zahlreiche Ausfälle zwingen Erol Bulut immer wieder zu Umstellungen. Ein Spieler bleibt jedoch stets unantastbar und wächst mehr und mehr in seine Führungsrolle hinein.
Altay Bayındır im Tor, Marcel Tisserand als Abwehrchef, Caner Erkin auf links, Ozan Tufan auf der Acht und Luiz Gustavo auf der Sechs: Die Achse der Spieler, die quasi unverzichtbar sind bei Fenerbahçe, ist vergleichsweise überschaubar. Gerade der Brasilianer ist allerdings aus der Ersten Elf nicht mehr wegzudenken. Als Luiz Gustavo 2019 in Istanbul unterschrieb, freuten sich die Verantwortlichen über einen echten Coup. Der 40-fache Nationalspieler galt als ideale Mischung aus technischer Finesse auf der einen und kompromissloser Abwehrarbeit auf der anderen Seite. Hatte er bei seinem vorherigen Arbeitgeber Olympique Marseille vornehmlich in der Innenverteidigung gespielt, war er bei seinen anderen Stationen als Sechser in Erscheinung getreten. Die Erwartungen an den Champions-League-Sieger waren also gewaltig. Einlösen konnte er sie nur teilweise. Seine eigene Performance war eigentlich immer mindestens in Ordnung, eine weitere Qualität konnte der heute 33-Jährige allerdings nicht einbringen.
Sprachbarriere und ungewohnte Zurückhaltung
Während Gustavo nämlich vor allem bei seinen letzten Stationen Marseille und Wolfsburg als Führungsspieler vorangegangen war und teilweise sogar als Kapitän auflief, hielt er sich in Istanbul merklich zurück. Natürlich waren die Umstellung auf eine neue Kultur und auch die Sprachbarriere einer der Gründe, dazu gab es mit Emre Belözoğlu einen unumstrittenen Chef. Trotzdem war Gustavos Zurückhaltung auffällig. Passend dazu gab es auch in dieser Saison immer wieder Gerüchte, der Mittelfeldspieler sei in der Mannschaft isoliert und habe seit dem Weggang seines Landsmanns Jaílson keinerlei Bindung zu seinen Mitspielern. Erol Bulut allerdings setzt auf Gustavo und der strafte seine Kritiker Lügen. Gustavo ist nicht nur gesetzt, sondern bestimmt mittlerweile das Spiel der Gelb-Marineblauen. In Abwesenheit des eigentlichen Kapitäns Gökhan Gönül füllt er derzeit sogar dessen Rolle aus. Gustavo geht voran, kommuniziert und ist in seiner zweiten Saison endlich mehr als nur ein fantastischer Spieler: Er ist endlich (wieder) ein Anführer.
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