Am 2. April will Fenerbahçe im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung darüber abstimmen lassen, ob sich die Mannschaft aus der Süper Lig zurückziehen soll. Die Kanarienvögel forcieren damit nach dem Skandal-Spiel in Trabzon am vergangenen Sonntag schärfste Maßnahmen, die aber in erster Linie abschreckend wirken sollen. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb.
Zu aller erst, und um das unmissverständlich klar zu machen: Die Aggression beim Skandal-Spiel vom vergangenen Sonntagabend zwischen Trabzonspor und Fenerbahçe ging von den Fans der Heimmannschaft aus. Sie waren es, die schon während des Spielverlaufs Gegenstände, Münzen, Bengalos auf das Spielfeld warfen und so mutwillig die Gesundheit der Spieler (übrigens auch ihrer eigenen Spieler) in Kauf nahmen. Sie waren es, die kurz nach Spielschluss auf das Feld stürmten und das Geschehen auf dem Rasen in ein bürgerkriegsähnliches Szenario verwandelten. Die Trabzonspor-Fans agierten, Fenerbahçe reagierte – zumindest im unmittelbaren Moment des Geschehens.
Nachvollziehbar forderte Fenerbahçe-Präsident Ali Koç im Nachgang harte Konsequenzen von Politik und Sportverband, legte gleichzeitig aber mit einer scharfen Maßnahme direkt selbst vor: In Anbetracht der Geschehnisse von Trabzon wird Fenerbahçe am 2. April im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung darüber abstimmen, aus der Süper Lig auszutreten. Lieber sterbe man einmal, anstatt jeden Tag, so die eines Märtyrer gleichen Worte von Koç. Das ist – mit Verlaub – wie so oft mit allerlei Pathos vorgetragen, in dieser Form aber kaum vorstellbar.
Nicht nur Selbstverteidigung: Spieler sind von Opfern zu Tätern geworden
Vielmehr gleicht diese Ankündigung respektive Drohung einem Versuch, den Diskurs zu ändern, und damit die von Fenerbahçe verübten Gewalttaten zu verschleiern. Womit wir wieder am Anfang wären – denn die Trabzonspor-Fans haben angegriffen, aber innerhalb kürzester Zeit haben einzelne Spieler der Gelb-Marineblauen selbst in den Kampfmodus umgeschaltet. Der nur knapp den Kopf des vorbeirennenden Fans verpassende Roundhouse-Kick von Michy Batshuayi diente ebenso wenig der Selbstverteidigung wie das mehrmalige Einschlagen von Bright Osayi-Samuel auf einen am Boden liegenden Fan noch der Fußtritt von Jayden Oosterwolde, ebenfalls mit Anlauf gegen einen am Boden liegenden Fan. Aktionen, die im Eifer des Gefechts passiert, aber nicht zu rechtfertigen sind – und deshalb ebenso streng geahndet werden müssen.
Justizministerium bestätigt: Keine Strafermittlungen gegen Spieler
Selbst mit dem türkischen Maßstab müssen diese Spieler für mehrere Monate aus dem Verkehr gezogen werden. Selbst ein generelles Betretungsverbot auf türkischem Sportboden über einen bestimmten Zeitraum muss in Betracht gezogen werden. Ob Koç seine Ankündigung vom drohenden Liga-Ausstieg tatsächlich wahrmacht, wird auch davon abhängen, ob die Nebelkerze zündet – und seine Spieler bestraft werden oder mit milden Strafen davonkommen. Das türkische Justizministerium kündigte am Dienstag zumindest schon mal an, dass im Gegensatz zu den mittlerweile 38 identifizierten Fans gegen Fußballspieler keine Strafermittlungen eröffnet werden.