Vom Chef zum Notnagel – so ist Luiz Gustavos Saison wohl hinreichend zusammengefasst. Während der Brasilianer unter Erol Bulut uneingeschränkter Stammspieler war und dieses Vertrauen in der Regel durch gute Leistungen zurückzahlte, rückte er unter Emre Belözoğlu ins zweite Glied. Nun ist fraglich, ob der Routinier eine Zukunft in Kadıköy hat.

In den häufig wechselnden Startformationen unter Erol Bulut war Luiz Gustavo einer der wenigen Fixpunkte. Der 33-Jährige war als linker Part auf der Doppelsechs gesetzt, initiierte viele Vorstöße und half im Notfall auch hinten aus. Regelmäßig trug er dabei die Kapitänsbinde und ging auch spielerisch voran. Zusammengefasst kann man sagen, dass die schwankenden Leistungen unter Bulut nicht oder nur selten auf Gustavo zurückzuführen waren. Umso erstaunlicher war es da, dass Emre den erfahrene Mittelfeldregisseur relativ schnell links liegen ließ. Lediglich in den ersten zwei Spielen unter dem neuen Coach stand Gustavo von Beginn an auf dem Platz. Danach bekam Sosa den Vorzug als einziger Sechser und Gustavo musste entweder als Aushilfe in der Innenverteidigung arbeiten oder bekam nur wenige Minuten im Laufe der zweiten Halbzeit. Nun ist es müßig zu überlegen, ob der Saisonendspurt mit dem Brasilianer besser verlaufen wäre, zumal auch Gustavo zuletzt den ein oder anderen Hänger in seinen Leistungen hatte, das dogmatische Festhalten an Sosa oder andersrum die Nichtberücksichtigung des Ersatzkapitäns wirft im Rückblick allerdings durchaus Fragen auf. Gustavos Ballsicherheit und auch seine Defensivqualitäten hätten den Gelb-Marineblauen wohl in der ein oder anderen Situation gut zu Gesicht gestanden, zumal Sosas Leistungen auch im Endspurt zu häufig schwankten.

Vorzeitiger Wechsel möglich

Das wird der Geschmähte selbst naturgemäß ähnlich sehen und sich gerade auch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters Gedanken um seine nahe Zukunft machen. Vertraglich ist dabei zunächst eigentlich alles klar: bis 2023 läuft Gustavos Vertrag. Will Fenerbahçe ihn behalten, haben sie also alle Karten in der Hand. Fraglich ist allerdings, ob der gutbezahlte Sechser auf der Bank nicht eher a) verschwendet und b) ein teurer Luxus ist, den sich der Verein eigentlich nicht leisten kann. Angeblich will man Gustavo daher zu einem teilweisen Gehaltsverzicht überreden. Findet man hier keine Übereinkunft oder kann bzw. will man dem 40-fachen Nationalspieler keine Stammplatz-Perspektive bieten, dürften die Zeichen auf Abschied stehen. Gustavos Ex-Klub Olympique Marseille soll seinen Ex-Kapitän gerne zurückholen wollen. Dazu wären auch ein Wechsel nach Brasilien immer im Bereich des Möglichen. Fenerbahçe hätte so zwar Geld gespart, müsste den Spieler allerdings auch dauerhaft ersetzen. In der vergangenen Saison ist das mit dem vorhandenen Spielermaterial jedenfalls nicht gelungen.

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