Rechnet man Mittelfeld, Flügelpositionen und Sturmzentrum zusammen, kommt man bei Fenerbahçe – je nach Zählweise – auf ein gutes Dutzend Anwärter. Volle Offensive also – im wahrsten Sinne des Wortes.
Hätte man die Fans nach dem letzten ansehnlichen Saisonfinale gefragt, welche Verstärkungen sie sich wünschen, hätten die meisten wohl wenige Wünsche gehabt. Ein neuer Topstürmer wäre allerdings mit Sicherheit dabei gewesen. Stattdessen kam mit Jorge Jesus ein Trainer, der mal wieder alles auf links drehte und der Kader ist kaum wiederzuerkennen. Einzig die ersehnte Verstärkung im Sturm ließ lange auf sich warten. Jetzt ist Michy Batshuayi da und Ernüchterung macht sich breit. Den Belgier, der letzte Saison bereits bei der Konkurrenz vom Dolmabahçe-Palast auflief und dort viele Großchancen ausließ, hätte man sicherlich schon viel früher bekommen können und auch wenn er bei seiner Vorstellung pflichtschuldig das Wappen küsste, kommt er eben über Umwege von der Konkurrenz. Gerade da sich der Vorstand um Ali Koç nun aber aus dem Fenster lehnt und den Belgier als den versprochenen Toptransfer bezeichnet, ist mehr oder minder klar, dass der 45-fache Nationalspieler für die Stammelf eingeplant ist. Das Zeug dazu hat er allemal, gleichzeitig bedeutet seine Verpflichtung aber auch, dass das Gedränge noch größer wird.
(Zu) viele Optionen
Möchte man es positiv ausdrücken, kann man sagen, dass Jesus für jedes erdenkliche System die passenden Spieler hat. Negativ gesprochen, platzt der Kader aus allen Nähten und lässt Sinn und einen nachvollziehbaren Plan vermissen. Zuletzt praktizierte der Coach ein 3-4-3, das gegen Konyaspor in die Hose ging und gegen Kayserispor gut funktionierte. Der größte Unterschied zwischen den Spielen? Mehr defensive Absicherung, wodurch eigentlich also nur noch drei Positionen zu vergeben sind. Batshuayi in vorderster Front, der starke King daneben und mit Valencia der bisher beste Scorer nach seiner Sperre für die letzte Planstelle: So könnte das grundsätzlich zwar funktionieren, João Pedro, Arda Güler, Lincoln, Diego Rossi, Bruma, İrfan Can Kahveci, Emre Mor und Serdar Dursun wären allerdings sicherlich anderer Meinung. Dazu kommt, dass einige der genannten Spieler eigentlich im Zentrum hinter oder neben dem Mittelstürmer am besten sind und diese Position gar nicht mehr eingeplant ist (oder auf Kosten der Flügel geht). Da dazu einige Akteure wohl auflaufen müssen, da aktuell auch die Defensive nicht ausreichend mit Türken bestückt ist, steht der Coach vor einer eigentlich unlösbaren Aufgabe. Fenerbahçe hat einen starken Kader und viel Qualität dazugewonnen. Unzufriedenheit ist dennoch vorprogrammiert und die optimale Besetzung zeichnet sich aktuell noch überhaupt nicht ab.