Einerseits muss man nach einem Ausgleich in der letzten Sekunde der Nachspielzeit von einem gewonnenen Punkt sprechen. Tabellenstand, Spielverlauf und Selbstverständnis sorgen allerdings dafür, dass man sich in Kadıköy über zwei verlorene Zähler ärgert. Im Fokus steht immer mehr der Trainer.
Vítor Pereira thematisierte vor der Partie gegen Kayserispor das viel kritisierte System. Statt des bisher praktizierten 3-4-3 habe man umdisponiert und spiele nun mit einem 3-5-2. In letzterer Variante ist das Zentrum deutlich enger gefasst und die einzigen nominellen Flügelspieler stehen etwas höher, während die äußerem Innenverteidiger bei Bedarf auf die Außen ausweichen. Das kann insbesondere gegen einen defensiven Gegner wie Kayserispor ein probates Mittel sein – guckt man sich dann allerdings das Ergebnis von gestern an, ist die Idee doch nicht aufgegangen.
Das lag allerdings weniger am System an sich, sondern ist vielmehr auf die Personalentscheidungen des Trainers zurückzuführen. Natürlich ist man nachher immer schlauer und nach dem überzeugenden 3:0 gegen Antwerpen gab es nur wenig Grund für Änderungen. Wenn ein Trainer allerdings bereits zum zweiten Mal hintereinander in der Liga zur Pause drei Wechsel vornehmen muss, ist klar, dass seine erste Elf nicht passte. Gegen Konyaspor erwischte es Pelkas, Rossi und Sangaré bereits vor dem Pfiff, was im Fußball einer Höchststrafe gleichkommt, allerdings auch schnell als Aktionismus gesehen werden kann. Gestern hatte der Trainer die Gnade, drei Akteure erst in der Kabine von ihren Aufgaben zu entbinden. Erneut traf es Sangaré und dazu Meyer sowie Abwehrchef Szalai.
Fehlende Konstanz auf allen Positionen
Zwar haben Trainer mittlerweile ein größeres Wechselkontingent, drei neue Spieler auf einmal sind allerdings zu diesem frühen Zeitpunkt ein Eingeständnis, dass man mit der ursprünglichen Elf danebenlag. Auch die Wechsel im Einzelnen irritieren. Attila Szalai mag auch keinen Sahnetag erwischt haben, dass man aber beim Stand von nur 0:1 die eigene Abwehrkette auseinander reißt, ist mindestens ungewöhnlich. Noch dazu fiel der Ungar im Vergleich zum Rest nicht ab und ist neben Kim eigentlich eine Konstante. Auch die restlichen Wechsel im Spiel waren nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Lediglich Özils Einsatz machte sich am Ende bezahlt, der Weltmeister wird allerdings selbst im neuen System links liegen gelassen, obwohl er als Führungsspieler vielleicht für die nötige Ordnung sorgen könnte. Akteure wie Dursun, Crespo, Zajc, Pelkas oder Rossi wechseln dazu fröhlich zwischen Bank und Startelf.
System hin oder her: Pereira hat seinen Stamm immer noch nicht gefunden und wirft seine Startelf immer wieder teils auch ohne Not über den Haufen. Das Ergebnis sind falsche Laufwege und Entscheidungen vorne sowie Abstimmungsprobleme hinten. Wenn dann auch noch Leistungsträger wie Gustavo, Bayındır oder Valencia ausfallen, wird es schwierig. Der Trainer hat nun in der Länderspielpause vielleicht zum letzten Mal Zeit einen belastbaren Plan auszutüfteln, wie man die weitere Saison angehen möchte. Patzt man danach auch im Derby gegen Galatasaray, dürfte es eng werden.