Wochenlang hat Fenerbahçe einen neuen Trainer gesucht und dabei von diversen Kandidaten Absagen erhalten. Allein schon deshalb kann der nun vertraglich gebundene Vitor Pereira kaum als favorisierte Lösung gelten. Ob Wunsch- oder Notlösung – für Präsident Ali Koç ist der 53-jährige Coach die letzte Patrone. Ein Kommentar von LIGABlatt-Redakteur Mario Herb. 

Zur Einordnung: Obiges Titelbild datiert nicht von einer Vertragsunterzeichnung dieser Tage, sondern vom Sommer 2015, als Vitor Pereira schon einmal bei Fenerbahçe anheuerte. Damals war für den portugiesischen Trainer nach nur einer Saison, der Vizemeisterschaft und der verpassten Champions-League-Qualifikation für die Folgespielzeit wieder Schluss. Bei der Rückkehr sechs Jahre später spricht der Portugiese von einer "unvollendeten Geschichte", die es nun mit dem Gewinn der Meisterschaft zu beenden gelte. Zumindest in Sachen Saisonziel, dem Alles-oder-Nix-Fokus auf den so lang ersehnten Süper-Lig-Titel, gleichen sich Vitor Pereiras Ambitionen also schonmal mit denen von Klubpräsident Ali Koç.

Zwischen der Wiederwahl zum obersten Klubchef, dem öffentlichen Clinch mit seinem Vorgänger Aziz Yıldırım und ersten Transfers musste sich der Fenerbahçe-Boss in den vergangenen Wochen immer selbst mit seinen zuvor angekündigten Entscheidungen in der Causa Trainer vertrösten. Wie die türkischen Medien, aber auch Koç selbst das Thema immer wieder durchpeitschten und dutzende Namen ins Spiel brachten, war symptomatisch für den türkischen Fußball, der so in Sachen Glaubwürdigkeit und Professionalität erneut einiges schuldig blieb. Nach diversen Absagen zuvor gehandelter, meist größerer Namen als jener von Vitor Pereira, kann der Rückkehrer von 2015 kaum als favorisierte Lösung gelten.

Angefangen mit Philip Cocu: Koçs unglückliches Trainer-Händchen

Ob Wunsch- oder Notlösung – für Präsident Ali Koç ist der 53-jährige Coach die letzte Patrone. Angefangen mit dem total missglückten Kapitel Philip Cocu im Sommer 2018 hat Koç auch mit den darauffolgenden Erwin Koeman, Ersun Yanal und dem Interimsduo Zeki Göle und Tahir Karapınar kein glückliches Händchen bewiesen. Erol Bulut, der den eigenen Ansprüchen gerecht und ins Gesamtgefüge zu passen schien, wurde wegen eines egoistischen, plötzlich zum Trainer avancierenden Emre Belözoğlu ausgebootet. Fenerbahçe und seine Trainer – das hat in der dreijährigen Regentschaft unter Ali Koç selten gepasst. Vollendet Pereira seine Geschichte am Ende der anstehenden Saison nicht, dürften auch Koçs Tage – dessen Finanzkraft durch die Holding-Gruppe hin oder her – gezählt sein.