Am Ende zählte nur der Sieg und den hatte Fenerbahçe sich immerhin erarbeitet. Nach dem knappen 1:0 gegen Denizlispor wurde aber auch klar, dass die Probleme, die unter anderem zum Rauswurf Erol Buluts geführt hatten, nicht einfach verschwinden werden. So absurd es beim Blick auf den neuen Trainer klingt: Fenerbahçe fehlt ein Emre.
Das Original hatte in seinem ersten Spiel als Cheftrainer weder personell noch taktisch besonders viel geändert. Sinan Gümüş und der spätere Torschütze Mbwana Samatta bekamen ebenso ihre Chance von Anfang an wie Emres letztjähriger Nebenmann Ozan Tufan, der unter Bulut zuletzt auf die Bank rotiert war, danach allerdings im Nationaldress auf sich aufmerksam machen konnte. Der neue Trainer schob Tufan etwas höher und ließ die restlichen Offensiven variabel agieren, große spielerische Veränderungen gab es allerdings nicht. Im Gegenteil: die Fans erlebten ein Déjà-vu. Wieder tat sich die ehemalige Heimmacht im eigenen Stadion schwer gegen einen tief stehenden und zumindest auf dem Papier klar unterlegenen Gegner. Man rannte an, aber vorne gab es zu wenig Bewegung und kluge Pässe aus der Tiefe blieben gleichfalls Mangelware. Dazu passte vor allem die Abstimmung auf der rechten Seite überhaupt nicht und Kapitän Gökhan Gönül wurde häufig fluchend und gestikulierend auf dem Flügel übersehen.
Regisseur gesucht
Den "Kanarienvögeln" fehlt nach wie vor ein Spielmacher. Zwar gab es auch in der letzten Saison genügend Probleme (vor allem im defensiven Bereich), aber mit dem heutigen Trainer hatte man gerade zu Beginn der Spielzeit einen Regisseur, der das Spiel an sich riss, seine Nebenleute dirigierte und als verlängerter Arm seines jeweiligen Coaches agierte. Er bestimmte das Tempo und wies seine Nebenleute an. Insbesondere Ozan Tufan konnte von dieser Konstellation profitieren. Seinen Nachfolger hatte Emre dann als Sportdirektor in José Sosa gefunden. Eine gute und logische Wahl, mit dem einzigen Haken, dass der Argentinier im gelb-marineblauen Trikot nicht annähernd an seine Leistungen in Trabzon heranreicht. Stattdessen pendelt er zwischen Bank und Startelf und hat deutlich weniger Einfluss auf das Spiel seines neuen Clubs. Luiz Gustavo bringt zwar alle technischen Fähigkeiten und auch das nötige Spielverständnis mit, gefällt sich allerdings eher in der Rolle des Abräumers. Er ist kein Lautsprecher, der seine Nebenleute dirigiert. Der wäre auch Mesut Özil nicht, mit dem Zehner hätte man allerdings einen Ballverteiler, dessen Fähigkeiten und Präzision außergewöhnlich sind. Der Weltmeister laboriert allerdings bekanntermaßen noch an einer Verletzung und konnte aufgrund seiner mangelnden Spielpraxis auch vorher nur wenig Einfluss nehmen. Emre ist daher in einer Zwickmühle. Er muss insbesondere gegen defensive Gegner spielerische Ideen finden und gleichzeitig endlich die Konterabsicherung in den Griff bekommen. Der Sieg gegen Denizlispor war verdient und wichtig für die Tabelle, doch mit etwas Pech hätte der Gegner auch ausgleichen können. Um sicherzugehen, dass es keine weiteren Ausrutscher gibt, muss jetzt ein belastbarer Plan her. Ein neuer Emre ist allerdings nicht in Sicht.