Mit dem Unentschieden gegen Galatasaray kann man in Kadıköy unter dem Strich wohl leben. Die Gastgeber hatten zwar die besseren Chancen, Fenerbahçe hielt jedoch gut dagegen und hatte zeitweise deutliche Feldvorteile. Das ist insofern bemerkenswert, weil Erol Bulut nach wie vor keine Stammelf vorweisen kann. Durch die hohe und teilweise späte Fluktuation im Kader konnte der Trainer bisher kein Gerüst aufbauen, das er an jedem Spieltag auf den Rasen schicken kann. Die Partie gegen den verhassten Stadtnachbarn war dabei wohl der beste Auftritt seiner Mannschaft und brachte neben einem Punkt auch einigen Erkenntnisgewinn.

Nicht nur der neue und alte Stammtorwart Altay Bayındır hatte bereits zum Ende der letzten Saison angemahnt, dass er gerne eine feste und eingespielte Viererkette vor sich sehen würde. Diesen Wunsch konnte ihm sein Trainer bisher nicht erfüllen und wechselte stattdessen in allen drei Spielen je einmal. Aziz und Zanka, Zanka und Lemos, Lemos und Tisserand durften sich stets flankiert von Erkin und Gönül versuchen und machten ihre Sache größtenteils ordentlich. Dass Bulut ausgerechnet im Derby die beiden Neuzugänge auf den Rasen schickte, war ein Risiko. Die Kombination präsentierte sich allerdings insgesamt sattelfest und dürfte nun nicht nur gegen Überraschungsspitzenreiter Karagümrük die Nase vorn haben. Die verbesserte Defensive scheint auch dem Torwart gut zu tun. Bayındır zeigte gegen Galatasaray eine gute Leistung.

Auch das Mittelfeld wurde bislang durcheinandergewürfelt. Dies ist aber vor allem mit Sosas Fitness zu erklären. Dem Argentinier wird ansonsten in Buluts bevorzugtem 4-2-3-1-System die Rolle des Spielmachers auf der Doppelsechs zufallen. Auch Luiz Gustavo bleibt als Box-to-Box-Spieler gesetzt. Lediglich die Zehner-Position ist noch nicht fest vergeben. Während gegen schwächere Gegner hier ein weiterer Techniker Torchancen kreieren könnte, entschied sich der Coach gegen das starke Galatasaray für einen physischen Spieler. Ozan Tufan, bereits in der letzten Saison die Wildcard auf nahezu jeder Position, interpretierte seine Rolle auf der Zehn vor allem als erster Verteidiger seiner Mannschaft. Immer wieder lief er an, stellte Passwege zu und zwang den Gegner zu langen Bällen. Luyindama und vor allem Marcão konnten sich diesem destruktiven Ansatz zwar öfter entziehen, gegen schwächere Verteidiger kann diese Spielweise aber durchaus erfolgsversprechend werden. Das Nachsehen hat Mert Hakan Yandaş. Der designierte Spielmacher kann aktuell noch nicht an seine Leistungen für Sivasspor anknüpfen.

Ähnliches gilt für Mame Thiam. Der Senegalese war zwar eine Konstante in den bisherigen Aufstellungen, hat seinen Platz im System allerdings noch nicht gefunden. Gegen Rizespor und Galatasaray blieb er unauffällig, gegen Hatayspor fiel er vor allem durch Ballverluste auf. Er könnte seinen Platz an Valencia verlieren, der bisher bessere Ansätze zeigte und auf rechts rücken würde, wenn Samatta von Beginn an aufläuft. Das größte Manko der bisherigen Spiele würde dann allerdings weiterbestehen: Fenerbahçe erarbeitet sich zu wenige Torchancen. Hier dürften die Hoffnungen des Trainers neben Sosa vor allem auf Ferdi Kadıoğlu ruhen. Der Youngster ist eigentlich prädestiniert für Überraschungsmomente und Dribblings, sucht aktuell allerdings noch nach seiner Form.

Nach der Partie gegen Galatasaray dürfte sich für Bulut nun zumindest ein Gerüst herausgebildet haben. Im ersten Schritt wurde die Defensive weitestgehend stabilisiert und musste bisher nur einen Gegentreffer hinnehmen. Im zweiten Schritt wird es jetzt darum gehen, Strategien zu entwickeln, wie man vorne zu mehr Torchancen kommt. Der runderneuerte Kader wächst weiter zusammen und die Stammformation kristallisiert sich langsam heraus.

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