Einmal mehr muss sich Fenerbahçe-Trainer Vitor Pereira nach einem nicht gewonnenen Spiel für etwaige Fehlentscheidungen verantworten. Doch nun schlägt der Portugiese zurück und stellt klar: "Ich bin hier der Trainer!". Bei all der schon wieder vorherrschenden Unruhe muss schon fast die Grundsatzdebatte geführt werden, ob dieser Klub überhaupt zu leiten ist.
Mit der deutlichen Ansage von Ali Koç, dass Trainer Vitor Pereira auch bei einer Niederlage im Amt bleiben werde, brach der Fenerbahçe-Boss vor dem Derby gegen Galatasaray eine Lanze. Ob der letztliche Sieg beim großen Rivalen auf dem öffentlichkeitswirksamen Schulterschluss des Vorstandchefs fußte oder einfach doch nur dem Last-Minute-Treffer von Miguel Crespo zu verdanken war, sei mal dahingestellt. In jedem Fall brachte die deutliche Ansage Koçs in jener tumultartigen Woche vor dem Derby den vor lauter Chaos schwankenden Kadıköy-Dampfer in ruhigere Fahrwasser. Kritische Fans und Medien waren zumindest für einige Tage stummgestellt, nach dem Derbysieg wendete sich die zuvor eher trübe Stimmung gar in Euphorie, um zwei Wochen später schon wieder neue Untergangsszenarien zu skizzieren.
In einem sich dauerhaft zu zerfleischen scheinenden Umfeld hat nun Vitor Pereira versucht, sich selbst Gehör zu verschaffen, um so aber auch wieder Ruhe in den Laden zu bringen. Deutlich wie nie zuvor, stellte der Portugiese nach dem 1:1-Unentschieden am Montagabend gegen Göztepe klar, dass er der Chef sei und als Trainer über taktische und personelle Maßnahmen entscheide – kein Medium, keine Fans, keine Außenstehenden! Einmal mehr musste sich Pereira im Vorfeld anhören, den Sieg mit falschen Herangehensweisen sowie Ein- und Auswechslungen verschenkt zu haben. Eine Tatsachenbehauptung, die der Portugiese scheinbar nicht länger hinnehmen wollte.
Zwischen eigenem und fremdem Erwartungsdruck
Dass sich Pereira überhaupt zu derlei Klarstellungen genötigt sieht, zeigt, wie verzwickt und festgefahren die Situation bei den "Kanarienvögeln" einmal mehr ist. Auf der einen Seite der selbst auferlegte Erfolgsdruck vom fast schon fanatischen Traum der Gewinn der türkischen Meisterschaft, wofür die Mannschaft seit Jahren immer wieder hochkarätig besetzt wird. Auf der anderen Seite der von Außen herangetragene Druck der Öffentlichkeit und Medien, die oft unverhältnismäßige Erwartungen schüren, um sich in diesen dann, im nicht eintretenden Fall, selbst zu bestätigen. In den vergangenen drei, vier Jahren ist der einst so erfolgsverwöhnte 19-fache türkische Meister an genau dieser Gemengelage gescheitert. Was wiederum zur Frage führt: Ist dieser Klub in dieser Verfassung überhaupt zu trainieren? Der Mann, der sich diese Frage – auch aus Selbstschutz – als erstes stellen sollte, ist Trainer Vitor Pereira.