Das verdiente 3:0 gegen Slovácko war Balsam für die Seele der Fener-Fans. Trainer Jorge Jesus dürfte wertvolle Erkenntnisse gewonnen haben und sich in einigen Eindrücken bestätigt sehen.
Matchwinner ohne Wenn und Aber war selbstverständlich Lincoln. Eine Vorlage und zwei Traumtore stehen für den Brasilianer zu Buche. Auch abgesehen von seinen zählbaren Erfolgen war er ein Aktivposten auf dem Feld und konnte zeigen, welchen Wert er in Zukunft für die Mannschaft haben könnte. Natürlich war auch bei ihm noch längst nicht alles perfekt, der Spielmacher wirkt allerdings immer fitter und fügt sich schon jetzt gut ein. Das gilt auch für den zweiten großen Gewinner. Emre Mor überraschte mit offensiver Spielfreude und vor allem defensivem Fleiß. In dieser Form ist der unerwartete Neuzugang ein klarer Kandidat für die Startelf. Auch hier gilt natürlich, dass es noch Luft nach oben gibt, der 25-Jährige bringt allerdings Qualitäten mit, die seinen Nebenleuten und Konkurrenten (noch) abgehen. Ein weiterer Spieler, der Werbung für sich machen konnte, war Miha Zajc, der als mal wieder als klarer Abschiedskandidat galt, aber dem Ideal des Achters im neuen System des Trainers wohl am nächsten kommt. Dass Willian Arão unter Jesus gesetzt sein würde, war bereits seit seiner Verpflichtung klar, der Brasilianer wird diesen Vorschusslorbeeren allerdings bisher auch gerecht und gefällt als unaufgeregter und aufmerksamer Zentrumsspieler. Eigenwerbung betreibt dazu Attila Szalai. In dieser Form ist der Ungar klarer Favorit auf den vakanten Posten des Abwehrchefs.
Stoßstürmer fehlt nach wie vor
Die Verlierer des Spiels sind trotz des deutlichen Sieges vor allem in der Offensive zu suchen. Einmal mehr erhielten Valencia und Rossi das Vertrauen und konnten dieses nicht rechtfertigen. Beide befinden sich in einer Formkrise und müssen aktuell damit rechnen, dass demnächst wohl ein Bankplatz droht. Sicher ist das aber auch deshalb nicht, weil die Konkurrenz noch nicht genug Druck aufbaut. Zwar hat Serdar Dursun aktuell einen schweren Stand, der türkische Nationalspieler und einzige klare Stoßstürmer im Kader konnte aber auch gegen die Tschechen nur wenig zum Spiel beitragen. Die Fans warten sehnsüchtig auf einen neuen Mittelstürmer mit Stammplatzansprüchen und es scheint, als würden die Verantwortlichen diesen Wunsch erfüllen wollen. Einer weiteren Forderung des Anhangs wurde gestern bereits nachgekommen, Youngster Arda Güler konnte nach seiner bejubelten Einwechslung aber keine Akzente setzen. Das Rückspiel wäre sicherlich eine gute Gelegenheit, um dem Megatalent mehr Spielzeit zu verschaffen, man sieht allerdings auch, dass gerade physisch noch viel Luft nach oben ist. Fraglich ist die Rolle, die Ferdi Kadıoğlu in Zukunft spielen soll. Die Einsätze als Linksverteidiger dürften nach der Verpflichtung von Alioski wohl der Vergangenheit angehören, zumal der Nationalspieler auch gegen Slovácko wieder klare Defizite in der defensiven Absicherung zeigte. Kadıoğlu wäre daher zwar ein klarer Anwärter für einen Platz auf den offensiven Flügeln, musste gestern allerdings angeschlagen raus.
Auch für Jorge Jesus dürfte gestern der klare Sieg im Vordergrund gestanden haben. Gleichzeitig wird der Trainer auch dieses Spiel nutzen, um weiter an seiner Taktik und einer klaren Achse für seine Startelf zu feilen. Dafür fehlt es in vorderster Front nach wie vor an einem treffsicheren Mittelstürmer, vor allem Szalai, Arão, Zajc, Lincoln und Mor konnten allerdings positiv auf sich aufmerksam machen. Am Montag starten die "Kanarienvögel" gegen Aufsteiger Ümraniyespor in die Liga. Auch hier werden viel Geduld und eine klare taktische Marschroute gegen einen defensiven Gegner nötig sein.