Vítor Pereira lässt aktuell keinen Stein auf dem anderen und setzt alles daran, Fenerbahçe nach seinen Vorstellungen umzubauen. Gegen den Stadtnachbarn Kasımpaşa waren erstmals auch wieder die EM-Fahrer an Bord. Man sieht bereits jetzt: der Trainer hat einiges vor – und einen sehr genauen Plan.
Die offensichtlichste Änderung ist das Grundsystem. Pereiras Vorgänger setzten eigentlich durchgehend auf ein 4-2-3-1, das ab und an zu einem 4-3-3 wurde. Damit ist unter Pereira Schluss. Er setzt hinten und vorne auf eine Dreierkette. Im 3-4-3 soll sein Team insbesondere gegen die defensiveren Gegner mehr Spielkontrolle und vor allem einen schnelleren Weg zum Tor finden. Gegen Kasımpaşa war das trotz des hohen Ergebnisses nur in Ansätzen zu sehen. Zwei der Treffer beim 4:1 fielen durch Elfmeter. Trotzdem lassen sich personell bereits Rückschlüsse ziehen und es lässt sich festhalten, dass der Konkurrenzkampf ausgebrochen ist.
Konkurrenzkampf voll entfacht
Das betrifft letztendlich jede Position. Zwar wird Altay Bayındır sehr wahrscheinlich als Nummer eins in die Saison gehen, der junge Rückkehrer Berke Özer konnte in den bisherigen Auftritten allerdings Eigenwerbung betreiben. Eine klare Nummer zwei, wie Harun Tekin, der im Testspiel dieses Mal als Torhüter von Kasımpaşa einen Strafstoß verursachte, wird der 21-Jährige nicht sein. Hier stehen Trainer und Verein vor einem Dilemma: zwei starke, entwicklungsfähige Torhüter sind eigentlich purer Luxus, in so jungen Jahren müssen beide aber unbedingt spielen. Findet Pereira hier kein Job-Sharing-Modell oder legt kein europäischer Klub einen Batzen Geld für Bayındır auf den Tisch, könnte Özer erneut verliehen werden. In der Dreierkette haben erwartungsgemäß Szalai und Neuzugang Caulker die Nase vorn. Um den dritten Platz streiten sich Aziz, Tisserand, Lemos und – etwas überraschend – Gustavo und Novák. Der Tscheche bekam in beiden bisherigen Testspielen im zweiten Durchgang die Chance, sich links in der Dreierkette zu präsentieren. Den Flügel beackerten bisher hingegen Kadıoğlu, Gümüşkaya und Erkin. Eine Königslösung zeichnet sich hier bisher allerdings noch nicht ab. Anders sieht es auf dem rechten Flügel aus. Sowohl Nazim Sangaré, als auch der deutlich offensivere Bright Osayi-Samuel wussten zu gefallen. Auch der klare Gewinner in der Zentrale überrascht etwas: Miha Zajc galt eigentlich als klarer Wechselkandidat, konnte im zweiten Durchgang allerdings auf sich aufmerksam machen. Dennoch ist die Konkurrenz mit Tufan, Sosa, Yandaş und Gustavo natürlich gewaltig.
Kunst versus Kampf
Nicht zu finden war dort zuletzt İrfan Can Kahveci. Der Nationalspieler, der das 1:0 beisteuerte, gefiel mit starken Pässen und war sicherlich der prägende Spieler der ersten Hälfte. Er übernahm den rechten Part im Angriffsdreieck, Sinan Gümüş stürmte links und in der Spitze brachte sich Samatta mit einem eigenen Treffer und einem herausgeholten Elfmeter wieder ins Gedächtnis. Im zweiten Durchgang brachte Pereira dann die Künstler und ließ Pelkas und Özil auf den Außen wirbeln. Hier wird es spannend sein, welche Kombination sich am Ende durchsetzt. Auch Stoßstürmer Dursun konnte über seinen ersten Treffer im neuen Trikot jubeln.
Die ersten Weichen sind gestellt
Personell wird sich sicherlich noch etwas tun in Kadıköy. Schon jetzt ist allerdings die klare Handschrift des Trainers zu erkennen. Özer, Osayi-Samuel, Zajc, Kahveci und auch Samatta konnten ihre Chance bisher sicherlich am besten nutzen. Während der türkische Nationalspieler sowieso fest eingeplant ist, zeigten die anderen Akteure, dass sie durchaus (wieder) eine Option werden könnten. Jetzt wo die EM-Fahrer zurück sind, ist der Konkurrenzkampf jedenfalls voll im Gange. Klar ist: nur die Meisterschaft wird am Ende als Erfolg gewertet werden.
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